Hiob 42
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Hiob bereut

Nachdem der HERR ausgesprochen hat, antwortet Hiob Ihm erneut (Hiob 42,1). Seine Antwort zeugt von einem tiefgehenden Wirken des Geistes Gottes in ihm. Er hat die Botschaft verstanden, dass es allein darum geht, was Gott will und dass Er diesen Willen auch ausführt, ohne dem Menschen darüber Rechenschaft abzulegen. Hiob unterwirft sich der Regierung Gottes und kommt zu dem Bekenntnis, das der Psalmist Jahrhunderte später aussprechen wird: „Ich weiß, HERR, dass deine Gerichte Gerechtigkeit sind“ (Ps 119,75a).

Hiob hat in seiner ersten Antwort anerkannt, dass er gering und unbedeutend ist (Hiob 40,4); nun erkennt er in seiner zweiten Antwort die Allmacht Gottes an, dass Er alles ausführen kann, was Er sich vornimmt (Hiob 42,2). Er erkennt an, dass Gott nicht nur für die gesamte Schöpfung sorgt und die Welt regiert, sondern dies auch in seinem Leben tut. Gott hat für jeden der Seinen einen Plan. Diesen Plan führt Er zu ihrem Besten aus. Das zeigt sich im Leben von Hiob. Wenn Er Trübsal für nötig hält, bringt Er sie in das Leben der Seinen. Wenn Er sein Ziel mit dem Leiden erreicht hat, nimmt Er es weg.

In Hiob 42,3 wiederholt Hiob, was Gott in Hiob 38 zu ihm gesagt hat, wer Er ist, dass Er seinen Ratschluss verhüllt oder verbirgt (Hiob 38,2). Diese Wiederholung bedeutet, dass Hiob seine Sünde bekennt. Eine Sünde zu bekennen bedeutet nämlich, Gottes Urteil über diese Sünde zu wiederholen und zuzustimmen, dass sein Urteil über sie gerecht ist. Hiob erkennt an, dass er mehr ausgesprochen hat, als er verstanden hat (vgl. Ps 131,1). Er hat sich ein Urteil über Dinge angemaßt, die für ihn zu wunderbar sind und die er nicht kennt (vgl. Ps 73,21; 22).

Er sieht ein, dass er Gott gegenüber eine unangemessene Haltung eingenommen hat, indem er Ihm befehlen wollte, auf ihn zu hören, weil er Ihm etwas zu sagen habe (Hiob 42,4; Hiob 13,22). Er würde Gott befragen, und dann müsste Gott ihm wohl antworten. Hiob hatte Gott zur Rechenschaft gezogen, und das ist natürlich nicht erlaubt.

Hiob kommt zur völligen Hingabe an Gott. Nachdem er Gott in seiner ersten Rede sprechen gehört hat, ist er zu der Einsicht gelangt, dass es besser ist, Gott nicht mehr zu widersprechen (Hiob 40,5). Das ist zwar gut, aber es reicht nicht aus, denn er hat Gott widersprochen und das muss er noch bekennen. Er tut dies als Antwort auf die zweite Rede Gottes. In ihr hat er Gott in seinen Werken gesehen und wie Er alles regiert (Hiob 42,5). Das zerbricht ihn. Er verachtet sich selbst und tut Buße „in Staub und Asche“ (Hiob 42,6), d. h. er sitzt in buchstäblichem Staub und Asche, die zugleich als Symbole der Trauer dienen (Hiob 2,8; Jer 6,26; Jer 25,34; Jona 3,6). Was er jetzt sagt, hat er in den Tagen seines Wohlstandes nicht gesagt.

Das Gebet Hiobs für seine Freunde

Nachdem Hiob dort ist, wo Gott ihn haben wollte, wendet sich der HERR in glühendem Zorn an Hiobs Freunde (Hiob 42,7). Er wendet sich an Eliphas, der höchst wahrscheinlich der älteste der Freunde ist und der als erster zu Hiob sprach. Es heißt bemerkenswerterweise, dass dies geschah, „nachdem der HERR diese Worte zu Hiob geredet hatte“ und nicht, nachdem Hiob sich selbst verachtet und in Staub und Asche Buße getan hatte. Hiob ist zwar da, wo er sein muss, aber Gott hat ihn dorthin gebracht, indem Er zu ihm gesprochen und sich ihm gezeigt hat. Jetzt will Er auch die Freunde dazu bringen, ihre Sünden zu erkennen.

Ihnen gegenüber rechtfertigt Gott Hiob, den Er wie zu Beginn des Buches „mein Knecht“ nennt (Hiob 1,8; Hiob 2,3). Hiob war auch während seines Leidens sein Diener gewesen. Gott hält Eliphas vor, dass Hiob „geziemend“ über Ihn gesprochen hat und dass er und seine beiden Freunde dies nicht getan haben. Sicherlich hat Hiob in seiner Rede über Gott Dinge gesagt, die nicht richtig sind, aber gegenüber seinen Freunden nimmt Gott Hiob in Schutz. Er sieht, dass selbst während der üblen Bemerkungen, die Hiob über Ihn machte, sein Herz auf Ihn gerichtet war. Deshalb kann Er gegenüber seinen Freunden über die sündigen Worte hinweggehen, die Hiob über Ihn gesagt hat.

Diese Haltung Hiobs gegenüber Gott fehlte bei den Freunden. Ihr Herz war nicht auf Gott gerichtet, sondern auf Hiob. Sie stellten Hiob einen Gott vor, der in strenger Gerechtigkeit über das Böse richtet und dies tut, indem Er Unheil über die Menschen bringt. Ohne auch nur den kleinsten Beweis für Sünden zu haben, die Hiob begangen haben könnte, sagten sie ihm, dass Gott so mit ihm umgegangen sei, weil er gesündigt habe. Auf diese Weise sprachen sie „nicht geziemend“ von Gott und haben Hiob und den Umstehenden ein völlig falsches Bild von Ihm vorgehalten. Sie haben nicht so sehr Hiob Unrecht getan, sondern Gott. Deshalb ist sein Zorn gegen sie entbrannt.

Gott will auch den Freunden entgegenkommen und sie mit sich selbst und mit Hiob versöhnen. Sein Zorn kann nur auf die von Ihm angegebene Weise besänftigt werden, nämlich durch das Darbringen von Brandopfern und durch Hiobs Fürbitte für sie (Hiob 42,8). Die Freunde müssen mit „sieben Stieren und sieben Widdern“ zu Hiob gehen. Dies ist ein großes Opfer (4Mo 23,1; Hes 45,22; 23). Es muss ein großes Opfer sein, weil ihre Sünde groß ist und weil sie angesehene Männer mit einer Vorbildfunktion sind.

Im Beisein Hiobs müssen sie Gott diese Brandopfer für sich selbst darbringen. Damit erkennen sie an, dass sie nur aufgrund des Brandopfers vor Gott bestehen können. Wir wissen, dass Gott darin das Opfer seines Sohnes sieht, der sich selbst Gott als Brandopfer dargebracht hat. Der Unschuldige starb anstelle des Schuldigen. Auf diese Weise sind die Freunde mit Gott ins Reine gekommen.

Jetzt muss es noch zwischen ihnen und Hiob in Ordnung gebracht werden. Deshalb wird von Hiob verlangt, für sie zu beten. Dass sie Hiob darum bitten, ist ein Bekenntnis ihrer Sünden gegenüber Hiob. Wenn Hiob für sie betet, bedeutet das, dass er ihr Bekenntnis annimmt und ihnen vergibt. Gott sagt, dass Hiobs Gebet die Voraussetzung dafür ist, dass Er mit ihnen nicht nach ihrer Torheit verfährt. Er wiederholt, dass sie seinen Zorn verdient haben, „denn nicht geziemend habt ihr von mir geredet wie mein Knecht Hiob“. Es reicht nicht aus, Brandopfer zu bringen, wenn auch etwas mit einer anderen Person in Ordnung gebracht werden muss. Gott vergibt erst dann, wenn die Sache mit allen Betroffenen in Ordnung gebracht ist.

Die drei Freunde, die nun einzeln namentlich genannt werden, demütigen sich (Hiob 42,9). Jemand kann hauptverantwortlich sein, wie Eliphas, dessen Name allein erwähnt wird (Hiob 42,7), aber er kann kein Opfer für die Schuld bringen, die auch andere auf sich geladen haben. Das muss jeder für sich persönlich tun. Die drei Freunde gehorchen dem Befehl Gottes und beugen sich damit seinem Urteil. Damit beweisen sie, dass sie Gott mehr lieben als ihr eigenes Ansehen, und das ist eine große Freude für Gott. Die Tatsache, dass sie das von Gott vorgeschriebene Opfer brachten, wird nicht erwähnt, sondern ist in den Worten enthalten, dass sie „taten, wie der HERR zu ihnen geredet hatte“.

Über die Annahme des Opfers durch den HERRN wird nichts weiter gesagt. Das ist keine Frage. Selbstverständlich hat Er es angenommen. Was jedoch gesagt wird, ist, dass der HERR Hiobs Gebet angenommen hat. Das legt doch ein besonderes Gewicht auf das Gebet Hiobs für seine Freunde. Nachdem Hiob gebetet hat, ist alles zwischen den Freunden und Gott und zwischen den Freunden und Hiob in Ordnung.

Dass Gott Hiobs Gebet annimmt, bedeutet auch, dass Hiobs Beziehung zu Gott vollständig wiederhergestellt ist, auch wenn sich an seinen äußeren Umständen noch nichts geändert hat. Hiob kann ein Fürbitter sein. Seine Sünden sind ihm vergeben worden, sodass er als Gerechter ein kraftvolles Gebet sprechen kann (Jak 5,16). Er ist wieder in der Lage, einen Dienst für andere Gläubige zu tun. Wir sehen diesen Dienst der Fürbitte zum Beispiel auch bei Abraham (1Mo 20,7; 17), Mose (2Mo 32,30-32; 4Mo 11,2; 4Mo 21,7) und Samuel (1Sam 12,19; 23). Vor allem ist Hiob hier ein Vorbild auf den Herrn Jesus als Fürbitter (Röm 8,34).

Das gesegnete Ende Hiobs

Als Hiob in seinem Herzen frei von den Anschuldigungen seiner Freunde ist und er für sie gebetet und damit seine Vergebung bewiesen hat, segnet Gott ihn (Hiob 42,10). Gott gibt ihm doppelt so viel, wie er verloren hat (vgl. Jes 40,2; Jes 61,7; Sach 9,12).

Werden die Freunde am Ende doch Recht haben, dass Wohlstand das Ergebnis von Frömmigkeit ist? Oder noch schlimmer: Hat Satan Recht, wenn er behauptet, dass es sich lohnt, Gott zu dienen? Die Antwort auf diese Fragen ist, dass sich keine von ihnen als richtig erweisen wird. Hiob hat dies nicht erwartet, geschweige denn angestrebt. Er bekommt seinen Wohlstand nicht aufgrund eines gottesfürchtigen Lebens, sondern aufgrund einer unerwarteten Güte von Gott. Der Satan hat ganz sicher nicht Recht, denn Hiob hat sich nicht von Gott losgesagt, als Er ihm alles wegnahm, was der Satan suggeriert hatte.

Gott ist souverän und kann Segen wegnehmen, aber mit der gleichen Souveränität kann Er diesen Segen auch wieder schenken. Jakobus schreibt über den Segen, der Hiob zuteil wurde: „Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist“ (Jak 5,11). Das Ende des HERRN ist der Segen, den Er Hiob gibt. Gott demütigt uns und stellt uns auf die Probe, „damit er [uns] dir Gutes tue an [unserem] deinem Ende“ (5Mo 8,16). Er will uns dazu bringen, zu sagen: „Es ist gut für mich, dass ich gedemütigt wurde, damit ich deine Satzungen lernte“ (Ps 119,71).

Nachdem der HERR eine Wende in Hiobs Leben herbeigeführt hat, kommen „alle seine Brüder und alle seine Schwestern und alle seine früheren Bekannten“ zu ihm (Hiob 42,11). Hiob scheint nicht verärgert oder verbittert darüber zu sein, dass sie ihn während seines Leidensweges im Stich gelassen haben (Hiob 19,14-19), denn „sie aßen mit ihm in seinem Haus“. Als er zutiefst litt, waren sie im großen Bogen um ihn herumgegangen, aber jetzt suchen sie ihn wieder auf. Und Hiob empfängt sie mit der gleichen Gastfreundschaft wie früher (Hiob 31,31; 32).

Als sie mit ihm am Tisch sitzen, drücken sie ihm ihr Mitgefühl aus und „trösteten ihn wegen all des Unglücks, das der HERR über ihn gebracht hatte“. Sie wissen auch, dass das Unglück, das ihm widerfahren war, vom HERRN über ihn gebracht worden war. Die Münze und der goldene Ring, die jeder von ihnen mitbrachte, könnten gewöhnliche Geschenke zum Beweis ihrer Anteilnahme gewesen sein. Sie könnten auch als „Startkapital“ für sein neues Vermögen gedient haben.

Hiob erhält vom HERRN mehr Überfluss, als er hatte, bevor ihm alles weggenommen wurde (Hiob 42,12; vgl. Hiob 8,6; 7). So ist Gott immer am Werk. Wenn Er uns etwas wegnimmt, dann nur, um uns im Gegenzug mehr zurückzugeben. Die Gnade gibt uns immer viel mehr, als wir durch die Sünde verloren haben. Wir haben das Paradies durch unsere Sünde verloren. Aus Gnade erhalten wir als Gegenleistung die gesamte Schöpfung, über die wir gemeinsam mit dem Herrn Jesus regieren dürfen. Das alles ist auf sein Opfer zurückzuführen. Wir haben Anteil daran, weil wir durch seine Gnade in der Lage waren, sein Opfer anzunehmen.

Wenn wir in Hiob 1 sehen, was Hiob zunächst an Vieh besaß (Hiob 1,3), sehen wir, dass er jetzt vom HERRN mit dem Doppelten gesegnet wird. Er bekommt auch das Doppelte an Kindern (Hiob 42,13). Er hatte sieben Söhne und drei Töchter (Hiob 1,2). Sie sind zwar umgekommen, aber er hat sie deshalb nicht verloren. Sein Vieh hatte er verloren, aber nicht seine Kinder. Sie sind ihm vorausgegangen. Er bekam noch sieben weitere Söhne und drei weitere Töchter dazu.

Von seinen Kindern werden nur die Namen seiner drei Töchter genannt, die Hiob ihnen gegeben hat (Hiob 42,14). Das bedeutet, dass wir aus diesen Namen etwas lernen können. Der ersten Tochter gibt er den Namen „Jemima“. Es ist ein Name mit verschiedenen Bedeutungen, wie z. B. „der [helle] Tag“, „Taube“, „glücklich“. Es spricht von dem hellen Tag nach den dunklen Tagen der Prüfung, dem neuen Frieden, dem neuen Glück. Der zweiten Tochter gibt er den Namen „Kezia“. Dieser Name leitet sich von dem duftenden Gewürz Kassia ab. Vom Leben Hiobs geht ein wohlriechender Duft aus. Die dritte Tochter nennt er „Keren-Happuch“, was „Horn der schönen Farben“ bedeutet. In diesem Horn waren die Farben, mit denen sich die Frauen schminkten. Es ging nicht nur ein guter Geruch von Hiobs durch seine Töchter aus, sondern sie waren auch angenehm anzuschauen.

Von Hiobs Töchtern heißt es, dass im ganzen Land keine so schönen Frauen wie sie zu finden waren (Hiob 42,15). Wir sehen hier, dass das, was aus der Prüfung hervorgeht, alles andere an Schönheit und Lieblichkeit übertrifft. Hiob kann sagen, dass das Alte vergangen ist und alles neu geworden ist und dass das Neue das Alte völlig in den Schatten stellt. Das gilt auch für uns in unserer neuen Natur.

Hiob ist ein guter Vater für seine Töchter. Er gibt ihnen nicht nur Namen, sondern auch „ein Erbteil inmitten ihrer Brüder“. Es ist keine Rede davon, dass Frauen gegenüber den Männern benachteiligt werden. Allein die Tatsache, dass nur ihre Namen genannt werden und dass nur von ihnen berichtet wird, dass sie ein Erbteil inmitten ihrer Brüder erhalten, zeigt, welch hohen Stellenwert sie in den Gedanken Hiobs und Gottes haben. Petrus spricht in seinem ersten Brief davon, dass die Frauen mit ihren Ehemännern „Miterben der Gnade des Lebens sind“ (1Pet 3,7).

Hiob lebt nach der Wende seines Lebensloses noch 140 Jahre (Hiob 42,16). Wenn hier das Gleiche wie für sein Vermögen gilt, bedeutet dies, dass er 70 Jahre alt war, als ihn das Unglück traf, und dass er 210 Jahre alt wurde. Er sieht seine Nachkommenschaft bis in die vierte Generation. Das ist ein großer Segen und muss für ihn ein großer Genuss gewesen sein.

Dann folgt der Bericht über den Tod Hiobs (Hiob 42,17). Er ist alt geworden. Er kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken, in dem er die Hand des HERRN sowohl in seinem Leid als auch in seinem Wohlstand gesehen hat. Er ist alt geworden „und der Tage satt“. Die Tatsache, dass er der Tage satt ist, bedeutet nicht, dass er des Lebens müde ist, sondern dass er alles genossen hat, was Gott ihm auf der Erde gegeben hat. Er kann in Frieden sterben und an den Ort des puren Friedens und des Glücks gehen. Aber seine Geschichte stirbt nicht …

© 2023 Autor G. de Koning

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