Joel 2 Kingcomments Bibelstudien EinleitungJoel wies in Kapitel 1 auf die verheerende Heuschreckenplage hin und warum sie von Gott gesandt wurde. In Joel 2 schließt er daran an mit der Ankündigung, dass Gott eine neue Plage schicken wird, weil sich das Volk nicht bekehrt hat. Diesmal sind es aber keine buchstäblichen Heuschrecken, sondern Soldaten. Obwohl es viele Ähnlichkeiten zwischen den Heuschrecken und den feindlichen Soldaten gibt, geht es in Joel 2 nicht darum, was das Volk alles frisst, sondern um das Volk selbst. Joel weist auf den Tag des HERRN hin, der kommt, ein Tag, an dem der Herr Jesus wiederkommt. Es ist buchstäblich sein Tag, da Er mit seinen Gerichten kommt. Dieser Tag wirft seine Schatten voraus. Es ist ein Tag, den niemand ertragen kann, der nicht im Frieden mit Gott ist. Doch dieser Tag ist noch nicht gekommen und das Gericht kann noch abgewendet werden. Deshalb hat Joel noch eine weitere Botschaft: Er ruft zur Umkehr auf. Denn noch ist es der Tag des Heils (vgl. 2Kor 6,2). Eine Umkehr ist also noch möglich auf der Grundlage dessen, wer Gott ist, also auf der Grundlage seiner Gnade und Barmherzigkeit. Die Folgen ihrer Reue und Umkehr sind ein großer Segen für das Volk. Dieser Segen hat zwei Aspekte. Er drückt sich in einem reichlichen Ertrag des einst verwüsteten Landes aus. Das bezieht sich auf die äußeren Umstände. Das Volk wird in Wohlstand und Überfluss leben. Der Segen zeigt sich auch in einer Ausgießung des Geistes (Joel 3,1-5). Das bezieht sich auf eine innere Beziehung zum HERRN und auf ein Leben in Frieden und Ruhe, ohne Angst vor feindlichen Völkern. Der Tag des HERRN ist naheDie geistlichen Augen von Joel nehmen eine neue Plage wahr. Eine neue Gefahr droht. Es geht jetzt nicht mehr um eine Plage, bei der buchstäblich Heuschrecken die Hauptrolle spielen – das ist vorbei. In dieser Plage spielt ein Heer von Menschen die Hauptrolle. Joel sieht voraus und prophezeit, dass ein feindliches Volk das Land Israel zerstören wird. Hierfür muss ein Alarm geblasen werden. Die bevorstehende Zerstörung ist eine Vorahnung dessen, was mit Israel in der Endzeit, kurz vor der Wiederkunft Christi, geschehen wird. Joel fordert, dass in die Posaune gestoßen wird, aber er sagt nicht, wer das tun soll. Denkbar ist, dass es Priester sein werden, da dies eine ihrer Aufgaben ist (4Mo 10,1-10). Dabei wird auch das Blasen des Alarms mit den Trompeten aus Silber genannt, wenn der Feind im Land ist (4Mo 10,9). Dann wird der HERR an sie denken. Die Posaune wird in diesem Kapitel auch in Joel 2,15 wieder geblasen. Dort geht es darum, das Volk zusammenzurufen, um vor dem HERRN zu erscheinen. Hier ist es hingegen als Alarm gemeint, weil der Feind kommt (vgl. Hos 5,8; Hos 8,1). Wie bereits erwähnt, bedeutet das Wort „Tag“, dass Er offenbart wird. Joel stellt „den Tag des HERRN“ als nahe vor. Er liegt nicht in der fernen Zukunft, so dass die Menschen denken könnten: Nach uns die Sintflut. Daher handelt es sich hier um ein Alarmsignal. Sie sollen erkennen, wie nahe dieser Tag ist! Wo immer von Gerichten die Rede ist, ist es klar, dass sie bald stattfinden werden. „Die Zeit ist gedrängt“ (1Kor 7,29). „Es ist [die] letzte Stunde“ (1Joh 2,18). „Der Richter steht vor der Tür“ (Jak 5,9). „Die Zeit ist nahe“ (Off 1,3). Die AssyrerDie Heuschreckenplage wird als Anlass und auch als Beispiel für die Ankunft eines feindlichen Heeres genommen. Dieses Heer wird noch kommen. Das Heer, von dem Joel spricht, ist das assyrische Heer, das von Norden her kommt (Joel 2,20). Assyrien wird von Gott die „Rute meines Zorns“ genannt (Jes 10,5; Mich 5,4; 5). Die Invasion der Assyrer wird als eine Wolke von Heuschrecken gesehen, die die Sonne verdunkelt (vgl. Zeph 1,15; 16; Jes 60,2a; Hes 34,12; Amos 5,18). Diese Invasion erfolgt auch mit der Geschwindigkeit und Unwiderstehlichkeit der Morgenröte, die sich über den Bergen ausbreitet. Die Heuschreckenplage ist für das Volk ein Zeichen der Zeit (vgl. Mt 16,2; 3). Und wenn Joel deshalb von einem noch abscheulicheren Feind spricht, kann er das Kommen des Feindes mit der Morgenröte des kommenden Tages des Herrn vergleichen. Aber dieser Tag wird dem abgefallenen Volk nicht Licht und Wohlstand bringen, sondern Finsternis und einen verheerenden Sturm. Paradies und WüsteNach dem plötzlichen und massiven Auftauchen des mächtigen Heeres wird nun dessen vernichtendes Auftreten beschrieben. Alles, was diesem Heer auf dem Weg begegnet, wird von ihm völlig zerstört. Feuer ist in der Bibel oft der Ausdruck für Gottes Gericht. Es ist auch die Bezeichnung für eine Kraft, die alles in der Natur verzehrt. Sieh dir ein Feld an, auf dem die Heuschrecken noch nicht gewesen sind. Es sieht aus wie der Garten Eden, das Paradies, der Stolz und die Herrlichkeit des Landes. Sieh dir dieses Feld am nächsten Tag an, wenn die Heuschrecken dort gewesen sind, danach sieht es aus wie eine öde Wüste, wo es keine Erinnerung an den Reichtum und die Schönheit gibt, die das Feld am Tag zuvor hatte. Alle Handlungen der Assyrer ähneln dem, was durch eine Heuschreckenplage verursacht wird. Es gibt kein Entrinnen vor diesem Feind, indem man vor ihm flieht oder sich vor ihm versteckt, genauso wie es kein Entrinnen vor Gottes Gericht am Tag des HERRN gibt. „Der Garten Eden“ ist ein Hinweis auf eine paradiesische, äußerst blühende Gegend, auf das Gegenteil einer Wüste (Hes 28,13; Hes 31,9-18). Dieser Gegensatz zwischen Paradies und Wüste findet sich auch in Jesaja 51 und Hesekiel 36 (Jes 51,3; Hes 36,35) – dort allerdings umgekehrt: die Wüste wird zum Paradies. Heuschrecken und PferdeObwohl es hier um das Heer der Assyrer geht, um Menschen also und nicht mehr um Heuschrecken, wird dennoch der Vergleich zwischen diesem Heer und Pferden gezogen. Weshalb aber mit Pferden? Weil es Ähnlichkeiten zwischen der Heuschrecke und dem Pferd gibt (Hiob 39,19; 20; Off 9,7). Der Vergleich kann sich auf die Tiere selbst beziehen. Die vergrößerte Heuschrecke sieht aus wie ein Pferd, vor allem wegen der Form ihres Kopfes. Der Vergleich kann aber auch mit der Art des Heranstürmens, der Schnelligkeit und Sprungfähigkeit der Heuschrecke zu tun haben, die auch bei einem Pferd vorhanden sind. Ein gewaltiger LärmNicht nur der Anblick dieser Armee ist beeindruckend und beängstigend, sondern auch der Lärm der Streitkräfte. Dieser geht durch Mark und Bein. Beim Vergleich mit den zweirädrigen Streitwagen geht es um das Hören, das einen herannahenden Heuschreckenschwarm charakterisiert. Bei den Pferden indes, die wie Wagengerassel hüpfen, geht es um das Sehen, denn deren Anblick erinnert an Heuschrecken. Wenn sich die Schwärme in der Ferne über die Berggipfel nähern, klingt es wie das dumpfe Getöse von Kriegswagen, die über unebene Bergpfade zwischen den klangverstärkenden Bergwänden „hüpfen“. Je näher der Schwarm kommt, desto aufdringlicher wird das Geräusch und gleicht immer mehr dem Prasseln „der Feuerflamme, die Stoppeln verzehrt“. In gleicher Weise ist das Grollen des Gerichts aus der Ferne als Warnung zu hören, als eine, die sich schnell nähert. Furcht und ZitternDer Eindruck dieses „mächtigen Volkes“ (Joel 2,5) ist so überwältigend, dass überall, wo es auftaucht, ganze Völker vor Furcht zittern und die Angesichter erblassen. In Joel 2,1 ist die Furcht noch auf Juda und Jerusalem beschränkt. Hier aber werden auch andere Völker von der Furcht vor den Assyrern ergriffen. In Joel 2,10 umfasst die Furcht das ganze Universum. Wie das Heer vorrücktLebhaft, mit kurzen, nachdrücklich klingenden Sätzen berichtet Joel, wie das Heer vorrückt, die Stadtmauern stürmt, in die Stadt eindringt und in die Häuser eindringt. Man sieht es vor sich. Unaufhaltsam rücken sie vor. Nichts kann sie aufhalten (vgl. Jes 33,4). Sie sind unverwundbar und deshalb unwiderstehlich, denn wer nicht verwundet werden kann, den kann man auch nicht aufhalten. In ihren Reihen gibt es keine Lücken. Um hineinzukommen, gehen sie den Weg des Diebes. Auch das gehört zum Tag des Herrn (1Thes 5,2). Ein Dieb kommt unerwartet und unwillkommen, aber nur für diejenigen, die nicht mit ihm rechnen. Wenn dem Kommen Warnungen vorausgegangen sind, kann man nicht mehr behaupten, dass es unerwartet ist. Trotzdem müssen wir immer daran erinnert werden, wie plötzlich das vorhergesagte Ereignis eintreten wird. Für uns, die Christen, geht die Entrückung der Gemeinde dem Tag des Herrn voraus. Diese Tatsache bedeutet nicht, dass wir uns keine Sorgen um diesen Tag machen sollen. Gewiss, wir sollen uns nicht vor dem Gericht fürchten, das mit diesem Tag verbunden ist. Aber wenn wir die Zeichen der Zeit und die Nähe dieses Tages sehen, ist das Kommen des Herrn für seine Gemeinde noch näher. Das sollte uns ermutigen, uns auf Ihn zu freuen und uns Ihm zu widmen. Es sollte uns ermutigen, die Menschen zu warnen, Buße zu tun und an Ihn zu glauben, bevor es zu spät ist. Die Unerschütterlichkeit und Schnelligkeit, mit der die Assyrer vorgehen, sollte auch den Christen in seiner Arbeit und seinem Kampf für den Herrn charakterisieren und anspornen. Erde und Himmel beeindrucktMit der Erwähnung von Erde und Himmel ist die weitläufigste Umgebung angedeutet, die dieses Heer beeindruckt. Sogar die Himmelskörper hören auf, ihre normalen Funktionen zu erfüllen, als sie dieses schreckliche Gericht sehen: „Sie verhalten [d. i. verlieren] ihren Glanz.“ Das Heer des HERRNHier ist die Erklärung für den Erfolg dieses Heeres: Der HERR selbst steht an seiner Spitze. In dem heranstürmenden Heer erscheint niemand anderes als der zornige HERR selbst. Das feindliche Heerlager ist „sein Heerlager“, das Er zur Züchtigung seines Volkes einsetzt (Jes 10,5). Das ist das Schrecklichste von allem und zugleich die einzige Quelle der Hoffnung für jeden, der glaubt. Wer anerkennt, dass es sich um Gottes Gericht handelt, kann sich gemäß seiner Liebe zu seinem Volk an Ihn wenden. Das ständige Zählen auf seine Liebe ist der wahre Charakter des Glaubens durch alle Zeiten hindurch. Der Glaube unterwirft sich den Handlungen Gottes und findet darin sein Heil. Wer sich Gottes Handeln widersetzt, unterschreibt sein eigenes Todesurteil. Das Volk ist nicht dazu aufgerufen, diesem Feind zu widerstehen. Dieser Feind führt das Wort des HERRN aus – und „sehr schnell läuft sein Wort“ (Ps 147,15). Deshalb ist jeder Widerstand gegen dieses Heerlager nichts anderes als Auflehnung gegen Ihn. Die Tatsache, dass dieses Heerlager „sein Wort“ vollstreckt, bedeutet nicht, dass es eine zuvor ausgesprochene Prophezeiung erfüllt. Es bedeutet nur, dass dieses Heerlager seinen Willen, seine Befehle ausführt (vgl. Ps 103,20). Gott will nicht, dass wir uns verzweifelt gegen seine Zucht wehren und Lösungen suchen, um ihr zu entgehen. Er will immer, dass wir uns vor Ihm beugen und das Werkzeug anerkennen, das Er schickt, wer oder was auch immer dieses Werkzeug sein mag (Mich 6,9; vgl. 1Kön 12,24). Das gilt sowohl für das persönliche Leben als auch für das gemeinschaftliche Leben. Die Antwort auf die Frage „Wer kann ihn ertragen?“ (vgl. Off 6,17; Nah 1,6; Mal 3,2; Jer 10,10), nämlich „den Tag des HERRN“, ist in der Frage enthalten. Die Antwort ist, dass niemand diesen Tag ertragen kann. Dennoch ist ein Entrinnen möglich. Die folgenden Verse zeigen dies. Ein AufrufDurch die Worte „aber auch jetzt [noch], spricht der HERR“ leuchtet die Hoffnung auf, dass das angekündigte Gericht noch abgewendet werden kann. „Kehrt um zu mir“ weist darauf hin, dass es sich um eine Umkehr handelt, die zu einer neuen Verbundenheit mit dem HERRN führt. Es geht nicht nur um eine Hinwendung, sondern um ein wirkliches Zugehen auf den HERRN. Deshalb „mit eurem ganzen Herzen“, d. h. mit allem, worauf das Leben gerichtet ist, mit dem ganzen Denken und Wollen (vgl. 1Sam 7,3; 1Kön 8,48). Der HERR richtet einen ernsten Appell an das Volk, sich zu Ihm zu bekehren, und zwar radikal, ohne jede Zurückhaltung. Das Erste, was zählt, ist das Herz, das ganze Herz. Halbherzigkeit ist ein Gräuel für Gott. Eine echte Bekehrung geht nicht ohne erkennbare Äußerungen. „Fasten“, „Weinen“ und „Klagen“ werden bei jemanden, der sich von ganzem Herzen Gott zuwendet, sichtbar und hörbar werden. Joel sagt nicht, welche konkrete(n) Sünde(n) das Volk bereuen muss. Wir hören zum Beispiel nichts von Götzendienst, sozialer Ungerechtigkeit, von dem Vertrauen auf die eigene militärische Macht oder von Bündnissen mit Nachbarländern. Es kann eine Bekehrung sein von einer oberflächlichen, selbstsicheren, ritualisierten Religion zu einem neuen intensiven Hören auf das Wort Gottes als auch zu einem Leben nach dem Wort Gottes. Wenn das ganze Leben in die Gegenwart Gottes gestellt wird, in dem Wissen, dass Er alles weiß und beurteilt, hat das Konsequenzen. Auf der einen Seite wird es uns wegen der Heiligkeit Gottes niederbeugen, weil wir sehen, wie sündhaft unser Leben ist. Auf der anderen Seite wird es uns vor Erleichterung aufstehen lassen wegen der Liebe Gottes, weil wir sehen, dass Er auf Reue mit Vergebung unserer Sünden antwortet. Er kann jedem, der Buße tut, die Sünden vergeben, weil der Herr Jesus sein Blut am Kreuz für reuige Sünder vergossen hat (Heb 9,22b). Kein ScheinDas Volk kann mit äußerer Frömmigkeit bestimmte Zeichen der Trauer zeigen. Das Zerreißen der Kleider ist ein solches Zeichen. Aber wenn das Herz nicht zerrissen ist, hat das äußere Zeichen für Gott keinerlei Wert. Gott „begehrt die Wahrheit im Innersten“ (Ps 51,8; 19; Jes 57,15). Es ist eine Umkehr zu „dem HERRN, eurem Gott“, mit der der Prophet betont, dass der HERR kein fremder Gott ist, sondern der Gott des Bundes mit seinem Volk. Die drohende Katastrophe wird die ganze Nation betreffen, und deshalb gibt es einen Aufruf zu nationaler Demütigung. Im Allgemeinen gibt es bei nationalen Katastrophen Raum für ein nationales Gedenken, aber nicht für nationale Demütigung. Manche Ereignisse schockieren alle Teile der Bevölkerung, und manchmal gibt es eine große allgemeine Empörung. Und das oft zu Recht. Man denke nur an Terroranschläge oder an den Missbrauch und dann die Ermordung von Kindern. Es werden Protest- und Gedenkmärsche, Protest- und Gedächtnisveranstaltungen organisiert, an denen sich Massen von Menschen beteiligen. Leider konzentriert sich der Protest aber nur auf das Verbrechen, den Exzess, das Ereignis. Der Ruf lautet: „Das darf nie wieder passieren und der oder die Täter müssen gefunden und bestraft werden.“ Dieser Ruf ist verständlich. In der Gruppe findet man sich in dem Gefühl der Ohnmacht wieder. Gemeinsam will man dem Unkontrollierbaren die Faust zeigen. Aber wo bleibt die allgemeine Demütigung? Wo ist der allgemeine Ruf zu Gott um sein Erbarmen? Wo ist der gemeinsame Ruf nach seiner Gnade und seinem Erbarmen, um uns mehr von dem Elend zu ersparen? Wo ist das gemeinsame Gebet: „Errette uns von dem Bösen“ (Mt 6,13b)? [Während ich diesen Kommentar wegen der Übersetzung ins Englische noch einmal lese, plagt die Covid-19 Pandemie die Welt. Wir können die oben genannten Reaktionen auch auf diese Plage anwenden]. Natürlich wird die Welt erst unter der Herrschaft Christi im Tausendjährigen Friedensreich wirklich frei sein von den dramatischen Ereignissen, die regelmäßig ganze Menschenmassen aufrütteln. Doch alle diese Ereignisse sind ebenso viele Aufrufe an den Menschen, zu Gott umzukehren und für Ihn zu leben. Wie Mose es nach den Ereignissen um das goldene Kalb tat, so tut es auch Joel. Er beruft sich auf die Eigenschaften Gottes. Immer wieder sind wir beeindruckt, wenn wir uns daran erinnern, dass es in Gott Quellen gibt, die angezapft werden können, wenn die Situation bei dem Menschen aussichtslos ist. Deshalb kann Mose, nachdem das Volk mit dem goldenen Kalb gesündigt und dadurch seine Existenzberechtigung verloren hat, immer noch an Gott appellieren (2Mo 34,6-9). Deshalb kann Joel, während das Volk das Gericht verdient, das sich bereits bedrohlich ankündigt, auch hier einen Appell an Gott richten. In seinem Appell an den HERRN erwähnt Joel fünf Eigenschaften von Ihm (vgl. Jona 4,2; Ps 86,15; Ps 103,8; Ps 145,8; Neh 9,17): Wenn man von Reue Gottes spricht, ist das eine menschliche Redeweise. Wenn Gott etwas bereut, heißt das nicht, dass Er eine frühere Entscheidung zurücknimmt, weil sie falsch gewesen wäre. Gott macht keine Fehler. Gottes Reue hat mit einer Absicht zu tun, zu der Er zurückkehrt, wenn das Verhalten des Menschen Anlass dazu gibt. Wenn ein Mensch bereut, wird Gott die versprochene Strafe nicht ausführen. Wenn sich ein Mensch Gott gegenüber anders verhält, ändert Gott auch seine Handlungsweise gegenüber diesem Menschen. Ein starkes Beispiel dafür ist der Aufschub des Gerichts über Ahab und sein Haus nach der (vorübergehenden) Demütigung Ahabs (1Kön 21,27-29). Wer weiß?Der Prophet hat gerade eine brillante Beschreibung einiger Eigenschaften Gottes gegeben. Er spricht nicht in theologischen Begriffen von Gott, sondern stellt Ihn so dar, wie er Ihn kennt. Doch in seinem Vertrauen auf Gottes Gnade lässt er sich nicht dazu verleiten, Aussagen zu machen, als ob er über Gottes Güte verfügen könnte. Deshalb heißt es in diesem Vers „wer weiß?“ Die göttliche Souveränität bleibt gewährleistet. Die Frage „Wer weiß?“ ist kein Ausdruck des Zweifels an Gottes Güte, sondern zeigt vor allem menschliche Demut und Bescheidenheit gegenüber dem souveränen Gott, der jedes Recht hat, seine Gerichte auszuführen. Buße und Reue bedeuten nicht, automatisch Anspruch auf Gottes Gnade zu haben. Joel spricht, damit seine Hörer, wie jemand gesagt hat, „nicht an der Größe ihrer Sünden verzweifeln, aber auch, damit die Größe der Gnade sie nicht unvorsichtig macht“. Bei der Bekehrung gibt es Grund zur Hoffnung, dass Er sich vom Gericht abwendet. Aber es gibt noch mehr. Nicht nur, dass das Gericht weicht – was schon eine große Gnade ist, wenn auch negativ –, sondern der Prophet kennt seinen Gott so gut, dass er weiß, dass Gott nach der Bekehrung seines Volkes auch einen Segen für sie hat. Mit diesem Segen kann das Volk Ihn wieder ehren. Der Segen kann sich auf die Wiederherstellung der Feldfrucht beziehen, die vom HERRN gegeben wird, so dass wieder „Speisopfer und Trankopfer“ gebracht werden können. Das Ziel eines jeden Erlösungswerkes, das Er vollbringt, ist, dass Er geehrt wird. Ob es sich um eine irdische Errettung handelt, wie bei der Befreiung Israels von seinen Feinden, oder um eine geistliche Errettung, wenn ein Mensch von der Macht Satans und der Sünde befreit wird, das Endziel wird immer sein, Gott und seinen Christus zu verherrlichen. Zum zweiten Mal die PosauneHier wird zum zweiten Mal in die Posaune gestoßen. Das erste Mal geschieht dies in Joel 2,1. Dort dient es zur Warnung, dass der Feind kommt. Jetzt geschieht es, um das Volk zusammenzurufen (vgl. 4Mo 10,7). In der Posaune erklingt die Stimme Gottes. Er ruft, zu Ihm zu kommen. Bei allem, was dem Volk schon widerfahren ist (Joel 1), und bei allem, was dem Volk in Zukunft widerfahren wird, ist es gut, dass es erkennt, dass es mit Gott zu tun hat. Deshalb muss das Volk vor seinem Angesicht zusammenkommen. Wenn das Volk in die Gegenwart Gottes kommt, bedeutet das in erster Linie, dass es sich demütigen muss. Dazu haben sie auch allen Grund. Kommt der Feind nicht zu ihnen, gerade weil sie dem HERRN untreu geworden sind? Gleichzeitig und in Anbetracht des Ernstes der Lage muss von den Bedürfnissen des Körpers abgesehen werden. Es muss gefastet werden, damit sich alle auf das konzentrieren können, was Gott zu sagen hat, ohne sich durch das tägliche Essen und Trinken ablenken zu lassen. Außerdem, was wird sich ein Mensch um Essen und Trinken kümmern, wenn sein Leben auf dem Spiel steht? Wie eng Fasten und Demütigung miteinander verbunden sind, zeigen die Anweisungen für den Versöhnungstag (3Mo 23,27; 29; 32). Das dort verwendete Wort „demütigen“ kann auch mit „fasten“ oder „kasteien“ übersetzt werden. Der letzte Teil des Verses entspricht wortwörtlich Joel 1,14a. Die Tatsache, dass es zwei Aufrufe zum Fasten und zur Versammlung gibt, zeigt die Dringlichkeit des Aufrufs. Jeder soll kommenDas ganze Volk, ohne Ausnahme, ist zu einer feierlichen Versammlung aufgerufen. Keine Ausreden für die Ältesten, die kleinen Kinder sollen nicht vergessen werden, sogar die Säuglinge an den Brüsten sollen versammelt werden. Von allen Gesellschaftsschichten wird erwartet, ob politisch, religiös oder familiär, dass sie ihre Gefühle über die Sünde ausdrücken, die sie gegen Gott begangen haben. Wenn es Sünde vor Gott gibt, gibt es keine Unterscheidung. Jeder ist schuldig und wird bestraft. Das Gericht wird alle treffen, deshalb sind alle in den Ruf, zu Gott zu kommen, einbezogen. Auch Kinder und Säuglinge sind verbunden mit den Sünden des Volkes und deren Folgen (vgl. Klgl 4,4; Jona 3,5; Jona 4,11). Im allgemeinen Aufruf haben wir auch den Hinweis, unsere Kinder so jung wie möglich zu den Versammlungen der Gläubigen mitzunehmen. Es ist gut, sie zu allen Orten mitzunehmen, wo Gläubige zusammen sind. Das gilt für Versammlungen aller Art. Sie können schon in jungen Jahren in alles einbezogen werden, was mit dem Leben der Gemeinde Gottes zu tun hat. Der Herr Jesus sagt zu den religiösen Führern, die es kritisieren, dass auch Kinder Ihn ehren: „Habt ihr nie gelesen: „Aus [dem] Mund [der] Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet“?“ (Mt 21,16; Ps 8,3). Er schätzt, was aus dem Mund von Kindern und Säuglingen kommt. Obwohl Kinder wenig und Säuglinge kein Bewusstsein von dem haben, was sie ausdrücken, erkennt Gott es als Lobpreis für Ihn an, Lob, das Er selbst in ihren Mund gelegt hat. So ist es auch bei einer Demütigung. Die Kinder gehören dazu, und es ist wertvoll, wenn sie dabei anwesend sind. Die Zusammenkünfte der Gemeinde haben ihre freudigen, aber auch ihre traurigen Anlässe und Momente. Sie sind daher ein Spiegelbild des Alltags. Wir sollten unsere Versammlungen nicht zu einem glänzenden Erlebnis aufpolieren, wenn es Grund zur Demütigung gibt. Wir sollen die Zusammenkünfte auch nicht in Traurigkeit versinken lassen, wenn es Grund zur Freude gibt. Manchmal wechseln sich Freude und Traurigkeit in einer Zusammenkunft ab. Es ist gut, wenn das Zusammenkommen der Gläubigen wirklich das wahre Spiegelbild dessen ist, was in den Herzen der Gläubigen lebt, die zusammenkommen, und dass auch die Kinder daran teilhaben. Bräutigam und Braut, also der frisch verheiratete Mann und die frisch verheiratete Frau, werden in diesem Ganzen separat erwähnt. Sie denken überhaupt nicht daran, zu weinen und zu trauern, und auch nicht daran, für ein Hochzeitsmahl zu fasten. Aber auch sie können sich dem Ruf nicht entziehen, ihren Platz vor Gott einzunehmen. Sie verzichten auf ihr Recht zu jubeln, zu essen, zu trinken und sogar auf den Geschlechtsverkehr, den sie als frisch Verheiratete genießen dürfen, um am gemeinsamen Fasten und Beten teilzunehmen. Sich darauf zu berufen, ein Jahr frei zu sein für sein Haus und sich an seiner Frau zu erfreuen, die er genommen hat (5Mo 24,5), ist nicht möglich. Auch die Ausrede „Ich habe eine Frau geheiratet und darum kann ich nicht kommen“ (Lk 14,20) trifft hier nicht zu. Auftrag an die PriesterWenn das ganze Volk aufgerufen wird, wird den Priestern gesagt, wo sie stehen und was sie tun und sagen sollen. Die Priester repräsentieren das Volk vor dem HERRN. In ihnen sieht der HERR das ganze Volk. Ein Priester soll wissen, was dem HERRN gebührt, was Ihm angemessen ist. Er soll nicht nach eigener Einsicht handeln – denn er ist ein „Diener des HERRN“ –, sondern er soll sich ganz an die Vorschriften halten, die der HERR gegeben hat. Wenn er das tut, ist sein Priestertum zum Wohlgefallen des HERRN und zum Segen des Volkes Gottes. Im Neuen Testament sind alle Gläubigen ein geistliches Priestertum und dürfen geistliche Opfer bringen (1Pet 2,5). Auch von ihnen wird erwartet, dass sie die Gedanken Gottes über den Zustand seines Volkes kennen. Aus geistlicher Sicht täten auch sie gut daran, sich die Aufgabe der Priester aus dem Buch Joel zu Herzen zu nehmen. Die Priester nehmen ihren Platz in der Mitte des Volkes ein, außerhalb des Heiligtums, um gemeinsam mit dem Volk zu Gott zu rufen mit einem Appell an seine Treue. Sie müssen „zwischen der Halle und dem Altar“ stehen. Das sagt uns, dass sie in der Gegenwart des HERRN, der Vorhalle, nur ihren Platz einnehmen können, weil das Opfer auf dem Altar dargebracht worden ist. Sie können nur vor Ihm bestehen, weil Er sie im Wert des Opfers annimmt. Sie selbst haben nichts zu opfern. Aber indem sie diesen Platz einnehmen, ist es, als ob sie den HERRN und auch sich selbst an das Opfer erinnern. Sie werden aufgefordert, zu weinen. Das bedeutet: Sie bereuen ihre Untreue und erkennen, dass sie dadurch Gottes Gericht verdient haben. Sie haben alle Rechte verloren, von Ihm angenommen zu werden. Dann müssen sie ihren Mund öffnen, um auszusprechen, was zu ihnen gesagt wird. Hier legt der Geist ihnen in den Mund, was gesprochen werden soll (vgl. Hos 14,3), um das Herz Gottes zu bewegen, für „dein Volk“ und „dein Erbteil“ einzugreifen. Sie bitten Gott im Hinblick darauf, wer Er schon immer für sein Volk und sein Erbteil war; gleichzeitig bitten sie Gott im Hinblick auf seine Herrlichkeit gegenüber den Feinden. Dieses zweite Argument verwendet auch Mose, nachdem das Volk mit dem goldenen Kalb gesündigt hatte (2Mo 32,12; vgl. Ps 42,4; Ps 115,2). Die tröstliche AntwortDas „wer weiß“ von Joel 2,14, nach dem, was in Joel 2,17 geschah, bekommt hier seine schöne Antwort. Ist er nicht rührend, dieser Vers? Er ist mindestens so rührend wie die Reaktion des HERRN auf die Beseitigung der Götzen im Buch der Richter: „Und seine Seele wurde ungeduldig über die Mühsal Israels [oder: konnte die Mühsal Israels nicht länger ertragen]“ (Ri 10,16). Menschen, die ihre Demut zeigen und mit der Sünde brechen und so zu Ihm gehen, erfahren immer wieder sein Mitleid. Dann wird Er wieder zu Gunsten seines Landes und seines Volkes handeln. Es gab schon immer eine Verbindung zwischen Land und Volk (1Mo 13,14-18; 1Mo 17,6-8). Bei „Land“ liegt die Betonung auf dem nie endenden Eifer des HERRN für sein Wohlergehen. Beim „Volk“ liegt die Betonung auf seinem Erbarmen, seinen zarten Gefühlen für sie. Zwei VerheißungenDieser Vers enthält zwei Verheißungen. Die erste ist, dass es wieder Korn, Most und Öl geben wird. Sie werden davon leben können, nicht nur um am Leben zu bleiben, sondern sie werden es essen können, bis sie satt sind. Wenn der HERR etwas schickt, dann ist es nie dürftig. Er gibt immer in Hülle und Fülle (Mt 14,15-21; Mt 15,32-38). Die zweite Verheißung ist die Zusicherung, dass sie nie wieder zum Hohn unter den Nationen gemacht werden. Diese Zusicherung ist eine große Erleichterung. Hohn bedeutet eine enorme geistliche Last, durch die das Leben extrem schwierig werden kann. Das Gegenteil, gelobt zu werden, oder einfach im täglichen Leben geschätzt zu werden, kann beflügeln; es macht das Leben leichter und angenehm. Eine dritte VerheißungDer HERR gibt eine dritte Verheißung: Er wird den Feind verjagen. Dieser Feind kommt aus dem Norden. Es ist Assyrien. Dieser Feind wird in drei Richtungen vertrieben werden, anders als bei den Heuschrecken, die nach Westen, ins Meer, vertrieben wurden. Ein Teil wird „in ein dürres und wüstes Land“ vertrieben, womit wahrscheinlich das Wüstengebiet südlich von Israel gemeint ist. Ein anderer Teil, sein Vortrab, wird „in das vordere Meer“ getrieben, das ist das Tote Meer. Der dritte Teil, sein Nachtrab, wird „in das hintere Meer“ getrieben, das ist das Mittelmeer. Dieses Schicksal, das Assyrien trifft, kommt vom HERRN, weil dieser Feind sich rühmt, dass er „Großes“ getan hat. Das heißt, er hat mit Stolz gehandelt. Er hat hochmütig geredet und gehandelt. Seine zahllosen Leichen werden verwesen, sodass der Gestank aufsteigt und ihr übler Geruch die Luft verschmutzt (vgl. Amos 4,10a). Der Gestank und die Verschmutzung sind alles, was von ihm übrigbleibt. Sobald die Zucht ihr Werk getan hat, wird sie entfernt. Anders ist es bei den Plagen, die über Ägypten gekommen sind. Dort hörte eine Plage auf, um einer neuen Plage Platz zu machen, weil es keine Umkehr gab (2. Mose 7–12). Der HERR tut Großes!„Fürchte euch nicht.“ Was für ein Wort voller Trost! Aus diesem Aufruf oder Gebot, das uns in der Bibel oft begegnet, haben viele durch die Jahrhunderte hindurch Kraft geschöpft. Wie ängstlich können wir sein, wenn wir an die nahe oder ferne Zukunft denken. Wir haben sie nicht im Griff. Viele Dinge geschehen, ohne dass wir sie beeinflussen können. Aber dem, der auf Gott vertraut, wird gesagt: „Fürchte dich nicht!“ Hier wird dieses Wort gerade gesagt, nachdem das Land enorm gelitten hat, aber nun wieder vom HERRN gesegnet wird. Das Land bringt wieder viel Frucht, bis zur Sättigung. Aber gerade weil es so kurz zuvor durch die eigene Untreue unter der Züchtigung Gottes geseufzt hat, ist immer noch die Angst da, dass es wieder schief gehen könnte. Das Volk denkt zurück und erkennt, wie zerbrechlich und verletzlich dieser Segen sein kann. Dann kommt eine weitere Ermutigung: Das Land darf sich freuen und frohlocken, weil der Segen nicht mehr von ihrer Treue abhängt, sondern weil der HERR Großes getan hat. In Joel 2,20 heißt es, dass Assyrien sich rühmt, Großes getan zu haben. Aber Großes zu tun, ist nur Gott vorbehalten. Er hat Großes getan in ihrer Errettung von den Feinden. Und für uns? Wenn wir an das große Werk des Herrn Jesus am Kreuz denken ... Wie unfassbar groß ist das! Das gibt allen Erlösten aller Zeiten allen Grund, sich immer wieder zu freuen und zu frohlocken (vgl. Joel 2,23). Wieder reichlich zu essen für die TiereAb diesem Vers kommt das Friedensreich in den Blick. Unter der Herrschaft des Friedensfürsten wird die gesamte Schöpfung – Land, Tiere und Menschen – in nie dagewesenem Frieden und in Ruhe alles genießen können, was Gott gegeben hat. Die Ermutigung „fürchtet euch nicht“ aus Joel 2,21 erklingt hier für die Tiere. Im gleichen Satz erklingt der Aufruf „freut euch und frohlockt“ von Joel 2,21 in Joel 2,23 für die Kinder Zions. Die Tiere haben wegen der Sünde des Menschen gelitten. Aber wenn der Mensch, das Volk, sich bekehrt hat, haben auch die Tiere Anteil an den Ergebnissen der Sühne. Ihr Lechzen nach Gott (Joel 1,20) ist erhört worden. Sie können reichlich von dem essen, was das Feld hergibt. Sie müssen keine neue Knappheit befürchten. Auch in unserer Zeit seufzt das Vieh noch unter dem Fluch der Sünde des Menschen, der auf der Schöpfung ruht. Wenn aber der Fluch weggenommen wird, werden die Tiere, wenn auch nicht in die Freude, wohl aber in die Freiheit der Kinder Gottes gebracht (Röm 8,18-22). So hat Gott, als Er Ninive verschont, auch ein Auge auf die Tiere, denn auch das Vieh hat gefastet (Jona 4,11; Jona 3,7; 8). Die Kinder ZionsDie Tatsache, dass das Volk mit „Kinder Zions“ angesprochen wird, muss wie Musik in ihren Ohren klingen. Zion ist einer der Berge, auf denen Jerusalem gebaut ist. Zion wird oft „die Stadt Davids“ genannt. Er wohnte dort. Wenn der wahre David, der Herr Jesus, dort wohnen und von dort aus regieren wird, wird der Berg Zion „eine Freude der ganzen Erde“ sein (Ps 48,3). Wie mit dem Berg Sinai das Gesetz verbunden ist, so ist mit dem Berg Zion die Gnade verbunden (Heb 12,18-22). Die „Kinder Zions“ sind also „Kinder der Gnade“. Deshalb liegt die Ursache der Freude und des Frohlockens nicht in ihnen selbst, sondern im HERRN. Sie sehen Ihn als die Ursache ihrer Freude. Er hat ihnen Barmherzigkeit erwiesen, während sie jedes Recht auf Segen verwirkt haben. Sie dürfen sich wieder über den HERRN, ihren Gott freuen, worin das Bewusstsein einer erneuerten, wiederhergestellten Beziehung zum Gott des Bundes enthalten ist. Auf der Grundlage dieses neuen Bundes werden die Regenströme des Segens wieder herabkommen. Der Frühregen fällt im Oktober und November; der Spätregen fällt im März und April und ist für eine gute Ernte unabdingbar. Regen meint zunächst den Regen als natürlichen Segen, dann aber auch den geistlichen Segen in der Ausgießung des Heiligen Geistes (Joel 3,1). „Der Lehrer zur Gerechtigkeit“ – wie „der Frühregen nach rechtem Maß“ auch übersetzt werden kann – ist niemand anders als der Herr Jesus. Er wird sie in der Gerechtigkeit unterrichten (Jes 53,11b). Es mag seltsam erscheinen, dass inmitten all der irdischen Segnungen plötzlich eine Person auftaucht. Doch das ist nicht seltsam, wenn wir bedenken, dass Gottes Volk auch in Gottes Weise und nach seinen Geboten leben soll, wenn der verheißene Zustand des Segens erhalten bleiben soll. Da der Segen Israels mit dem Halten der Gebote Gottes verbunden ist, ist es von entscheidender Bedeutung, dass der HERR auch diese Gebote unterrichten lässt. Wenn durch den Unterricht des Lehrers das Leben nach dem Willen Gottes in Israel wieder ernst genommen wird, kann der Regen herabkommen, der als Segen von Gott kommt. In der Vergangenheit wurde die Gerechtigkeit gefordert, aber niemand konnte sie erfüllen. Jetzt, wo das neue Leben da ist, gibt es auch den Wunsch, in der Gerechtigkeit belehrt zu werden. Der SegenDas Kommen des Regens ist ein Beweis für den Segen, den Gott in seinem Herzen für sie hat. Er wird diesen Regen geben, wenn sie seine Gebote befolgen. Im fünften Buch Mose ist Mose ein Bild des Lehrers zur Gerechtigkeit (Joel 2,23; 5Mo 11,13; 14). Getreide, Most und Öl, die drei Produkte des Landes, die zusammen den vollen Segen darstellen, werden im Überfluss vorhanden sein. All dies dank der Regenströme, die der HERR geben wird, jeden zu seiner bestimmten Zeit. WiederherstellungDas ist Gott! Sobald sich sein Volk zu Ihm bekehrt hat, wird Er ihnen erstatten, was sie all die Jahre wegen seiner Zucht vermisst haben. Gott behält den Segen nicht für sich; Er ist der Gott, der Segen austeilt, vorausgesetzt, dass die Bedingungen, die Er gestellt hat, erfüllt werden. Er kann nur dort Segen geben, wo die Dinge nach seinem Willen geschehen. Selbst wenn eine Person oder ein Volk stur sind, kann Er sie dazu bringen, nach seinem Willen zu handeln. So macht es Gott immer. Es ist an sich schon ein Segen, wenn ein Mensch nach einem rebellischen Leben zu der Erkenntnis kommt, dass Gott dieses rebellische Leben richten muss. Diese Anerkennung reicht Gott aus, um neues Leben zu schenken. Dieses neue Leben ist das Leben von Gott selbst. Dann zeigt Gott, wie viele Segnungen Er in seinem Herzen hat, um sie denen zu geben, die so mit Ihm durch neues Leben verbunden sind. Alles, was in der Rebellion gegen Gott gesagt und getan wurde, hat nur Schaden angerichtet. Die Bekehrung hat dem ein Ende gesetzt. Nach der Bekehrung Israels in der Zukunft werden sie alle verheißenen Segnungen in Besitz nehmen dürfen. Wie viele Jahre unseres Lebens sind von Heuschrecken verzehrt worden? Selbstgenügsamkeit, Leichtsinn, Verschwendung von Zeit, Talent und Gelegenheit, Langsamkeit, Faulheit, gemischte und böse Motive, versteckte Sünde, sie alle spielten die Rolle der Heuschrecke. Sie sorgten dafür, dass es keine Kraft gab, für Gott zu leben und die Gemeinschaft mit Ihm zu genießen. Es gab auch keine Kraft, den Menschen um uns herum zu bezeugen, wer der Herr Jesus für uns ist. Aber Gott will vergeben und uns wieder eine hoffnungsvolle Zukunft schenken. Mehr noch: Er will uns zurückgeben, was die Heuschrecke gefressen hat. Der Herr Jesus tat dasselbe mit Petrus. Nachdem Petrus den Herrn verleugnet hat (Mt 26,69-75), stellte der Herr ihn wieder her und betraut ihn mit der Sorge für seine Schafe (Joh 21,15-17). Er tat es auch mit Paulus. Nachdem Paulus in der Gemeinde Christi Verwüstung angerichtet hat und der Herr ihm begegnet ist, macht Er ihn zu einem Bauherrn der Gemeinde. Paulus hat sowohl in der Verkündigung des Evangeliums als auch in der Lehre gebaut (1Tim 1,12-14). So möchte der Herr auch in unserem Leben handeln. Es beginnt damit, dass wir alles aus unserem Leben entfernen, was wichtiger ist als Christus. Wir sollen die Dinge verurteilen, die wir nicht für Ihn tun, insbesondere das Bekenntnis und die Vergebung der Sünden (Spr 28,13), die wir immer noch hegen. Dann werden wir sehen, dass wir Zugang haben zu „allen Schätzen der Weisheit und der Erkenntnis“, die in Christus verborgen sind (Kol 2,3). Lobpreis für den HERRNEs ist auffallend, dass immer von Überfluss und Sattwerden gesprochen wird, wenn es um den Segen Gottes geht. Wenn der erlittene Schaden durch den HERRN wieder gut gemacht wird, hat sein Volk anschließend wieder genug zu essen. Dann werden sie ihre Dankbarkeit dadurch ausdrücken, dass sie den Namen des HERRN, ihres Gottes, in Anbetung preisen. Das ist das Endziel von allem, was Gott mit und für sein Volk tut, sowohl in Israel als auch in der Gemeinde. Jede Erlösung, sowohl einer Person als auch eines Volkes, wird zu dem Ausruf führen: „Von dem HERRN ist dies geschehen; wunderbar ist es in unseren Augen“ (Ps 118,23). Dieses Wunder konnte durch den Inhalt des vorhergehenden Verses in Psalm 118 geschehen: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden“ (Ps 118,22). Dies ist die Ursache für die Anbetung des Gottes des Wunders. Der Herr Jesus wurde von den Menschen verworfen, aber von Gott zur Grundlage für sein Werk gemacht. Das Wunder der Erlösung wird durch das, was der Herr Jesus am Kreuz getan hat, möglich gemacht. Auch alle irdischen Segnungen, die Israel erhalten wird, sind auf dieses Werk zurückzuführen. Die natürlichen Segnungen werden eine geistliche Wirkung haben, weil man den HERRN als die Ursache derselben ehren und Ihm danken wird. Wissen, wo und wer der HERR istDas „Wissen“ dieses Verses ist ein Wissen durch Erfahrung. Sie werden sich bewusst, sie merken, dass der HERR in ihrer Mitte ist. Die Antwort auf das Gebet in Joel 2,17 und die Antwort des HERRN in der Rettung aus der Not zeigt sich in der erneuerten Beziehung Israels zum HERRN. Wenn Gott sagt, „dass ich, der HERR, euer Gott bin“, zeigt Er das exklusive Vorrecht Israels. Er ist der HERR, ihr Gott, weil Er sie aus Ägypten befreit hat (2Mo 20,2; 5Mo 5,6). Der Zusatz „und keiner sonst“ (5Mo 4,35; Jes 45,5) betont die vorherige Aussage. Das ist notwendig, weil Israel sich in seiner Not oft an andere Götter gewandt hat. Dabei sind sie immer beschämt und erniedrigt worden, etwas, was sie in ihrer Beziehung zu Gott nie erlebt haben und auch in Ewigkeit nicht erleben werden. Dann ist kein Platz mehr für die spöttische Frage: „Wo ist ihr Gott? “ Deutsches Vers (3,1) Segen für das VolkBis jetzt ging es um einen materiellen und zudem einen zeitlich begrenzten Segen. Es geht um die Wiederherstellung Israels, das den Segen früherer Tage wieder genießen soll. Diese Tatsache beruht auf Gnade, einer Gnade, die verhindert, dass der Segen wieder verloren geht. Nun spricht der Prophet von den geistlichen Segnungen, die der Messias, der Christus, seinem Volk bringen wird. Daran werden alle Völker teilhaben, die Ihn angenommen haben. Denn Gott wird seinen Geist vom Himmel ausgießen „über alles Fleisch“. „Ausgießen“ bezieht sich auf das überreiche Ausmaß, mit dem der Geist gegeben wird (Jes 32,15a). Dies wird „danach“, das heißt nach der Vernichtung der Assyrer geschehen. Die Vernichtung der letzten feindlichen Mächte Israels und die Ausgießung des Geistes sind die letzten aufgezeichneten Ereignisse (Hes 39,29), bevor der Prophet Hesekiel den Tempel und das Land während des Friedensreiches beschreibt (Hesekiel 40–48). Petrus zitiert diese Verse aus Joel 3 in Apostelgeschichte 2, ohne zu sagen, dass es die Erfüllung dieser Prophezeiung ist (Joel 3,1-5; Apg 2,16-21). Dies ist in der Tat nicht der Fall. Er bezieht sich auf Joel 3, weil das, was an Pfingsten geschieht, den gleichen Charakter hat wie das, was Joel ankündigt. Die Ausgießung des Heiligen Geistes an Pfingsten ist etwas, das an das erinnert, was Joel gesagt hat. Wir können sagen, dass das, was an Pfingsten geschieht, eine Vorerfüllung der Weissagung ist, nicht die Erfüllung selbst. Die Erfüllung dessen, was Joel sagt, wird stattfinden, nachdem das, was er in den vorangegangenen Versen prophezeit hat, erfüllt worden ist. Das Wort „danach“ in der ersten Zeile von Joel 3,1 zeigt, dass es eine chronologische Reihenfolge mit den vorhergehenden Versen gibt. Petrus zitiert diesen Vers aus Joel, weil er damit bezweckt, den Juden klarzumachen, dass dieses wundersame Ereignis, das so plötzlich in ihrer Mitte stattfindet, vollständig durch das bestätigt wird, was Joel über die Ausgießung des Geistes sagte. Aber die Ausgießung, die in den Tagen des Petrus stattfindet, ist noch nicht die volle Erfüllung des von Joel angekündigten Ereignisses. Der Heilige Geist kommt am Tag von Pfingsten auf die Erde. Durch sein Kommen entsteht die Gemeinde, die Er auch weiterhin formen wird. Diese Ausgießung findet statt, um ein Volk für den Himmel zu bilden. Deshalb ist Er auch heute noch auf der Erde. Das, wovon Joel schreibt, kann in vollem Umfang erst stattfinden, wenn die Feinde Israels besiegt sind und das Volk selbst in seinem Land wohnt. „Alles Fleisch“ bedeutet nicht „alle dann lebenden Menschen“. Es zeigt an, dass die Ausgießung des Heiligen Geistes kein auf die Juden beschränktes Ereignis ist. Auch das Pfingstfest macht das deutlich. Es ist nicht so, dass Gott allen Bekehrten erlaubt, die jüdische Sprache zu sprechen, sondern Er erlaubt den Juden, die Sprachen derer zu sprechen, die unter den Heiden verstreut sind. Dies ist ein besonderes Zeugnis der Gnade, das zu den Heiden hinausgeht. Die Heiden werden nicht in das jüdische Volk eingegliedert, aber als Heiden haben sie Anteil an der Segnung des Heiligen Geistes. All die verschiedenen Sprachen sind das Ergebnis von Gottes Gericht über die Menschen wegen ihres hochmütigen Plans, eine eigene Einheit zu bilden, indem sie den Turm zu Babel bauten (1Mo 11,1-9). Aber nun ergeht die Gnade Gottes auch an sie, und Er hebt das Gericht der Sprachenverwirrung durch das Wunder des Redens in Sprachen auf. Die Sprache ist nicht länger eine Barriere. Das Wirken des ausgegossenen Geistes manifestiert sich in dem Weissagen. Am Pfingsttag zeigt sich dies im Reden in Sprachen von „den großen Taten Gottes“ (Apg 2,11). Es scheint, dass das Reden in Sprachen hier eine Form der Prophetie ist, denn durch dieses Reden und durch die von Petrus gegebene Erklärung werden Menschen im Herzen berührt und viele tun Buße (Apg 2,37; 41). Im Alten Testament ist der Geist als Gabe nur Personen vorbehalten, die eine besondere Stellung im Volk Gottes haben, wie Könige und Propheten. Dass das ganze Volk weissagen möchte, ist ein Wunsch geblieben, den Mose geäußert hat (4Mo 11,29). Dieser Wunsch Moses ist bei Joel zu einer Verheißung des HERRN geworden. Söhne und Töchter werden weissagen. Dazu ist ein vom Geist inspiriertes Leben notwendig. Nur dadurch ist man empfänglich für göttliche Offenbarungen. Dies wird bei allen der Fall sein, die in das Friedensreich eingehen werden. Weissagen ist ein Reden aus der Gegenwart Gottes mit dem Wissen um seinen Willen. Gott wird den Greisen durch Träume und den Jünglingen durch Gesichte seinen Willen kundtun. Der Unterschied zwischen „Träumen“ und „Gesichten“ besteht darin, dass in Träumen Dinge im Schlaf gesehen werden, während dies bei Gesichten möglicherweise nicht der Fall ist. Bei Gesichten geht es auch mehr um das, was gesehen wird, die Erscheinung. Wir finden in der Schrift häufiger, dass Gott seinen Willen durch Träume (Hiob 33,14-18; 1Mo 20,3; 6; Mt 1,20; Mt 2,12-22) und Gesichte (1Mo 15,1; 1Mo 46,2; 1Sam 3,1; 15) bekannt macht. Der Zusammenhang zwischen Prophezeiungen und Träumen und Gesichten wird deutlich in dem, was der HERR zu Aaron und Mirjam sagt, nachdem sie gegen Mose geredet haben: „Hört denn meine Worte! Wenn ein Prophet unter euch ist, dem will ich, der HERR, mich in einem Gesicht kundtun, in einem Traum will ich mit ihm reden“ (4Mo 12,6). Deutsches Vers (3,2) Der Geist auf allenWie bereits erwähnt, sehen wir im Alten Testament nicht, dass der Geist generell jedes Mitglied des Volkes benutzt. Er verrichtet sein Werk hauptsächlich durch Könige, Priester und Propheten. Das wird in der Zukunft anders sein. Dann werden alle Schichten des Volkes, sogar Knechte und Mägde, diese Gabe empfangen. Es wird keine Unterscheidung nach Geschlecht, Alter oder sozialem Status geben. Die Älteren, deren Kräfte nachlassen oder gar verschwunden sind, wie auch die Jungen, die wenig oder keine Erfahrung in den Dingen Gottes haben, werden von Ihm Offenbarungen in Träumen und Gesichten erhalten. Deutsche Versen (3,3-3,4) WunderIm wörtlichen Sinn wird der Geist schließlich über alles Fleisch ausgegossen werden, sobald die Assyrer und alle Feinde besiegt sind und der HERR sein Volk wieder in sein Land gesetzt hat. Die in diesem Vers erwähnten Wunder werden diesem Ereignis vorausgehen. Obwohl Petrus diese Verse in Apostelgeschichte 2 zitiert, folgen diese Wunder nicht direkt auf die Ausgießung des Geistes. Das liegt daran, dass Israel als Nation sich nicht bekehrt hat, sondern ungehorsam war (und immer noch ist). Hätten sie sich bekehrt, wäre sofort „der Tag des HERRN … der große und furchtbare“ gekommen. Der HERR hätte die Feinde innerhalb und außerhalb Israels zu Gunsten seines Volkes gerichtet. Sein Handeln wäre von den hier erwähnten Phänomenen begleitet gewesen. Nun ist dieser Tag noch nicht gekommen. Deshalb sind diese Phänomene noch Zukunft. Sie werden mit Sicherheit stattfinden, aber erst nach der Entrückung der Gemeinde (Off 6,12-17). Unter dem sechsten Siegel, das in Offenbarung 6 erwähnt wird, finden Gerichte statt, die dem, was Joel sagt, sehr ähnlich sind. Alle Gerichte, die ab Offenbarung 6 stattfinden, sind in diesem „Tag des HERRN … dem großen und furchtbaren“ enthalten. Sie bereiten den Weg für die Rückkehr Christi auf die Erde, um sein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit zu errichten. Deutsches Vers (3,5) ErrettungIn jener Zeit der großen Not, in der sich das abspielt, was in den Joel 3,3; 4 erwähnt wird, ist die Rettung für jeden, der seine ausweglose Lage sieht, nur durch das Anrufen des Namens des HERRN möglich. Wer sich Ihm im vertrauensvollen Glauben nähert, kommt nicht um, sondern wird gerettet. In Römer 10 wird dieser Vers zitiert und als allgemein gültig für die Verkündigung des Evangeliums erklärt (Röm 10,13). In Bezug auf das Evangelium gibt es keine Unterscheidung im Gericht und im Angebot der Errettung. Es ist für jeden verfügbar. Durch alle Jahrhunderte hindurch kann das Heil nur im Glauben an den Herrn Jesus gefunden werden. Er ist der HERR. Hier in Joel ist die Errettung auch mit Jerusalem und Zion verbunden, denn das ist der Ort, von dem aus der Herr Jesus regieren wird (vgl. Obad 1,17). Dort wohnt Er; bei Ihm ist jeder sicher. Alle, die der HERR berufen wird, werden dorthin gehen. Hier finden wir den Überrest, der gerettet wird. Ein Überrest ist „ein Überrest nach Auswahl [der] Gnade“ (Röm 11,5; Röm 9,27). Beide Seiten sind wahr und notwendig. Auf der einen Seite steht die Aufforderung, den Namen des HERRN anzurufen, um gerettet zu werden. Auf der anderen Seite werden nur die gerettet, die der HERR berufen wird. So ist es auch heute. Gott gebietet „jetzt den Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen“ (Apg 17,30). Dieses Gebot sollte nicht dadurch entkräftet werden, dass man sagt, man könne sich nicht bekehren, sondern Gott müsse das tun, und es geschehe nur, wenn man erwählt sei. So legt man das Wort Gottes einfach beiseite und macht jede Verkündigung des Evangeliums zu einer nutzlosen Tätigkeit. Zugleich wird Gott zum Lügner erklärt. Er wäre dann schließlich jemand, der Dinge sagt, die nicht wahr sind. Er verlangte dann vom Menschen etwas, das er nicht tun kann. Aber Gott ist nicht so! Wenn Er etwas vom Menschen verlangt, gibt Er auch die Kraft, es zu tun. So ist Gott! Gleichzeitig ist es aber auch wahr, dass jemand, der sich bekehrt hat, dies nur sagen kann, weil er auserwählt ist. Wir können es mit einer Einladung über der Tür eines Hauses vergleichen. Darauf steht, dass jeder hereinkommen und sich etwas holen kann. Wer das tatsächlich tut, liest über der Tür auf der Innenseite: Auserwählt. Gott weiß, wer seine Einladung, gerettet zu werden, tatsächlich annehmen wird. Aber diese beiden Seiten der Wahrheit dürfen nie gegeneinander ausgespielt werden. Das Evangelium muss allen Menschen ohne Unterschied gepredigt werden, während die Erwählung eine Wahrheit ist, die alle Gläubigen mit großer Dankbarkeit annehmen dürfen. © 2023 Autor G. de Koning Kein Teil der Publikationen darf – außer zum persönlichen Gebrauch – reproduziert und / oder veröffentlicht werden durch Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder irgendwelche andere Weise ohne die vorherige schriftliche Genehmigung des Daniel-Verlages, Retzow, Deutschland, oder des Autors. |