Hohelied 1
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Einleitung

Wort des Dankes

Die Veröffentlichung dieses Kommentars über das Buch Hohelied ist eine gute Möglichkeit, um meinen Dank an Jesus Christus, meinen Erlöser und Herrn, auszudrücken. Er gab mir sowohl den Wunsch als auch die Gelegenheit, einen Kommentar über alle Bücher der Bibel zu schreiben [auf Holländisch, der Muttersprache des Autoren]. Es ist für mich ein großes Vorrecht und gleichzeitig eine große Verantwortung. Es ist die Aufgabe des Lesers, die Schriften zu untersuchen, um zu sehen, ob das, was in dem Kommentar geschrieben wird, in Übereinstimmung mit Gottes Gedanken ist (Apg 17,11). Für das Gute, das der Leser darin entdeckt, gebührt dem Herrn Jesus Christus alle Ehre.

Ich bin dem Herrn auch dankbar für die Vielen, die Er dazu gebraucht hat, um beim Schreiben des Kommentars zu helfen. Es ist für mich unmöglich, alle Namen zu nennen. Ich kann mir keinen Kommentar vorstellen, den man ohne die Hilfe anderer schreiben könnte. Diese Hilfe beinhaltete zum Beispiel eine umfassende Erklärung, die jemand geschrieben hat, die mir eine Hilfe war, den Text besser zu verstehen. Es kann sich auch um jemanden handeln, der mich auf ein Detail angesprochen und einen Verbesserungsvorschlag gemacht hat. Ich bin auch allen denen dankbar, die über die Jahre die Publikationen in Buch- und digitaler Form möglich gemacht haben. Das trifft auch auf die zu, die bei der Übersetzung des Kommentars in eine bestimmte Sprache mitgeholfen haben.

Der Herr hat die Dinge in der Gemeinde so geordnet, dass die Glieder einander brauchen, um die Aufgabe zu erfüllen, für die Er jedes Glied gebildet hat. Er wird jedem seinen Lohn geben, der einen Beitrag geleistet hat, in welcher Form auch immer. Wenn ich Namen aufzählen würde, würde ich jemanden vergessen, aber Er vergisst niemanden.

Ich möchte eine Ausnahme machen: meine Frau Willy. Ich bin dem Herrn besonders dankbar für ihren Beitrag:
„Liebe Willy, du hast eine große Empathie-Fähigkeit vom Herrn empfangen. Du hast ein Auge für die vielen Details, die der Herr im Leben gegeben hat, die das Leben so farbenfroh und bedeutungsvoll machen. Ich habe nicht so ein Auge dafür, aber du hast es mir gezeigt, indem du bist, wer du bist, in deiner Beziehung mit dem Herrn, mit mir, mit unseren Kindern, der Schwiegerfamilie und den Enkeln, anderen Gläubigen, den Leuten an dem Ort, wo wir wohnen, und bei vielen Begegnungen anderswo. Auf diese Weise hast du zahlreiche Beiträge für die Umsetzung von Gottes Wort im täglichen Leben geliefert, sodass ich diese in die Kommentare einfügen konnte. Ich danke dem Herrn aus tiefsten Herzen, dass Er uns in unseren Unterschieden zu einer Einheit gemacht hat.“

Ger de Koning
Middelburg, Juni 2018 / Übersetzung März 2021

Vorab

Die Grundlage für diesen Kommentar über das Hohelied waren Vorträge, die ich von 2009 bis 2013 in Schmalkalden in Deutschland halten konnte. Ein erster Themenvorschlag für die Vorträge war Ehe und Beziehungen. Da ich ein Bibelbuch als Thema bevorzuge, schlug ich vor, miteinander über das Buch Hohelied nachzudenken. Dieses Bibelbuch ist hervorragend geeignet, um Anwendungen auf die Ehe und Beziehungen zu machen. Ich muss ehrlich sagen, dass es ein ziemliches Wagnis war, Vorträge über dieses Bibelbuch zu halten. Das Hohelied ist ein poetisches Buch und ich bin nicht sehr poetisch. Wenn wir dieses Buch lesen, meinen wir vielleicht: „Leben wir als Ehemann und Ehefrau so zusammen? Reden wir als Mann und Frau übereinander und miteinander, so wie es in diesem Buch passiert?“ Ich liebe meine Frau sehr und versuche ihr das auf meine eigene Art sichtbar und hörbar zu vermitteln. Aber das ist ziemlich verschieden von dem, was in dem Buch beschrieben oder besungen wird.

Dennoch haben wir alle diese Liebesbekundungen in Gottes Wort. Deshalb hat es uns etwas zu sagen. Dies gilt auch für dieses Bibelbuch, das von Gott inspiriert ist, weil es nützlich ist „zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt (2Tim 3,16; 17).

In diesem Buch geht es um Liebesbeziehungen, um Beziehungen zwischen Mann und Frau. Wir können das auf unsere Ehe übertragen. Das meiste davon kann auch auf unsere Familie übertragen werden und auch auf unsere Beziehungen mit anderen Gläubigen, unseren Brüdern und Schwestern. Davon, was wir in diesem Buch über Liebe lesen, können wir deshalb eine Menge darüber lernen, wie wir uns gegenseitig sehen, was wir einander sagen, kurz, wie wir miteinander umgehen.

Einführung in das Hohelied

Von Salomo haben wir drei Bücher in der Bibel. Neben dem Hohelied schrieb er auch das Buch der Sprüche und den Prediger. In beiden Büchern sagt Salomo etwas über eine Frau.

Salomo hatte 1.000 Frauen (1Kön 11,3), aber die richtige Frau, die Frau, mit der er eine wirkliche Liebesbeziehung haben konnte, war nicht darunter. Er suchte sie „unter der Sonne“, aber er musste zum Schluss kommen: „Aber eine Frau unter diesen allen habe ich nicht gefunden“ (Pred 7,28). Im Buch Prediger wird das Leben nur auf einer horizontalen Ebene betrachtet. Der Prediger schaut sich alles „unter der Sonne“ an und untersucht es (Pred 1,14). Bei seinen Nachforschungen kommt er zum Schluss, dass das alles Eitelkeit und Leere ist. Solange eine Person die Erfüllung ihrer Bedürfnisse nur unter der Sonne sucht – ob es sich um eine Frau oder etwas anderes handelt – wird ihr Herz nicht das wahre Glück finden. Salomos Suche nach wahrer Liebe ist deshalb im Buch Prediger nicht erfolgreich.

Aber dann hören wir in den Sprüchen aus seinem Mund: „Eine tüchtige Frau, wer wird sie finden?“ (Spr 31,10a). Im Buch der Sprüche lässt Gott Licht aus dem Heiligtum auf den Weg leuchten, den wir unter der Sonne wandeln. In diesem Buch hören wir etwas, was Salomos Herz bewegt über die Frau, die er sucht und wie sie sein soll. Die Antwort auf diese Frage bleibt offen, aber seine Suche gewinnt jetzt an Bedeutung, denn jetzt befindet er sich im Licht des Heiligtums. Jetzt weiß er, nach welchem Typ Frau er sucht.

Im Buch Hohelied hat er sie gefunden. Das Hohelied ist sozusagen das Allerheiligste, wo die innige Beziehung zwischen Bräutigam und Braut beginnt. Salomo ist so glücklich darüber, dass er sie gefunden hat, dass er ein Lied über sie schreibt.

Das Buch beschreibt die Entfaltung der Liebesgefühle zwischen Salomo und einem Mädchen – seiner Braut – die er lieb gewonnen hat. Es ist eine Liebeserklärung Salomos am Beginn der Beziehung, die er mit dem Mädchen aufbaut.

Junge Liebespaare schreiben einander. Wenn man einmal verheiratet ist, lebt man zusammen und schreibt einander nicht mehr. Als meine Frau und ich noch verlobt waren, schrieb ich meiner Verlobten Briefe. Vor einiger Zeit, als meine Frau und ich darüber sprachen, wie wir uns während unserer Verlobungszeit Briefe geschrieben haben, sagte sie, dass sie gerne wieder einmal einen Brief von mir haben möchte. Zu dieser Zeit waren wir fast 34 Jahre verheiratet. Ich schrieb ihr einen Brief darüber, was sie mir in dieser ganzen Zeit unseres Ehelebens bedeutet hat als Ehefrau, als Mutter unserer Kinder und als Großmutter unserer Enkel. Ich gab ihr den Brief an unserem 34. Hochzeitstag.

Frauen sehnen sich nach solchen Äußerungen. Es ist gut, wenn ein Mann regelmäßig seiner Frau sagt, was sie ihm bedeutet. Das soll jeder auf seine eigene Weise tun. Es ist auch gut, wenn eine Ehefrau ihren Mann fragt, was sie ihm bedeutet.

Es ist auch gut, wenn wir unseren Kindern und Enkeln von Zeit zu Zeit sagen, dass wir sie lieben und wie glücklich wir sind, dass sie zu unserer Familie gehören. Wir können sie diese Liebe zum Beispiel auch fühlen lassen, indem wir die Kleinen auf unseren Schoß nehmen und ihnen vorlesen. Wir können die anderen Kinder und Enkel dies fühlen lassen, indem wir Interesse an ihrem Studium oder ihren Plänen zeigen. Dies sind Ausdrucksweisen, die wir vielleicht lernen müssen, aber es ist wichtig, dass wir ihnen regelmäßig unsere Liebe „erklären“.

Aber die Liebeserklärung ist nicht die einzige Bedeutung des Hoheliedes. In der prophetischen Anwendung sehen wir in Salomo ein Bild des Herrn Jesus und in der Braut ein Bild Jerusalems – oder des treuen Überrestes – und das ganz besonders in der Endzeit, das bedeutet, in der Zeit der großen Drangsal. Der Herr selbst weist darauf hin, dass Salomo ein Bild des Herrn Jesus ist, wenn Er von sich selbst sagt: „Und siehe, mehr als Salomo ist hier (Mt 12,42b).

Im Hohelied gibt es viele Dinge, die deutlich machen, wie der Überrest als die Braut und der Herr Jesus als der Bräutigam zueinander geführt werden. Das bedeutet, dass wir viele Prophezeiungen in diesem Buch finden. Es sagt uns etwas über zukünftige Ereignisse.

Neben der wörtlichen und der prophetischen Bedeutung hat dieses Buch eine dritte Bedeutung, nämlich eine praktische oder geistliche Anwendung für uns. Wir können den schönen Inhalt des Hoheliedes auf unser persönliches Glaubensleben und unsere Beziehung mit dem Herrn Jesus anwenden. Außerdem findet man erweiterte Anwendungen für unsere Beziehungen in unseren Ehen und Familien und die Beziehung zu anderen Gläubigen. In diesem Kommentar liegt der Fokus der Betrachtung über dieses „Liebeslied“ auf den letztgenannten Beziehungen.

Das Hohelied

Der erste Vers dieses Buches zeigt, dass Salomo der Schreiber des Bibelbuches Hohelied ist. Salomo hat viele Lieder geschrieben. Wir lesen, dass er sogar „1005 Lieder“ schrieb (1Kön 5,12). Von allen diesen Liedern – mit Ausnahme vielleicht von Psalm 72 – haben wir, soviel wir wissen, kein weiteres in der Bibel. Aber mit dem Hohelied haben wir ein langes Lied von ihm in der Bibel.

Es ist nicht nur ein Lied – ein Lied, von dem man nur sagen kann, dass es ein sehr gutes Lied ist. Nein, es ist „das Lied der Lieder“, das höchste Lied, das Lied, das alle anderen Lieder übertrifft. In diesem Lied singt der größte Liebhaber, den die Welt jemals gekannt hat, über die innigste Liebe, die jemals irgendjemand erwiesen hat. In diesem Lied hören wir die Stimme des Herrn Jesus, wie Er zum Herzen seiner Braut spricht.

Dieses Lied ist Gott so wichtig, dass Er es in sein Wort aufgenommen hat. Er möchte, dass wir dieses Lied mit größter Aufmerksamkeit lesen, um seine Liebesgefühle für sein Volk kennenzulernen. Wenn unsere Herzen durch dieses Lied anfangen, diese Gefühle zu verstehen, wird es uns dabei helfen, unsere Liebe für Ihn auszudrücken.

Ausgezeichnete Liebe

Das Lied beginnt plötzlich. Ohne eine Einleitung hören wir plötzlich, wie das Mädchen, die Braut, ihre Sehnsucht nach der Liebe ihres Bräutigams zum Ausdruck bringt. Sie kommt direkt zum Kern der Sache, denn sie ist so voll von seiner Liebe. Sie kennt diese Liebe: Es ist eine ausgezeichnete Liebe.

Das Mädchen sagt nicht, über wen sie redet, von wem ihr Herz so voll ist. Zuerst spricht sie im Allgemeinen, „er“, nicht zu jemandem persönlich. Sie sehnt sich nach den innigen Liebeserklärungen des Bräutigams. Der Kuss ist ein Ausdruck vertrauter, persönlicher Liebe (vgl. 1Sam 20,41). Durch ihre Erklärung zeigt die Braut, wie sehr sie sich nach der Zuneigung des Bräutigams sehnt.

Niemand kann zwei Leute zur gleichen Zeit küssen. Ein Kuss ist ein Ausdruck gegenüber einer Person. Es ist ein Ausdruck einer persönlichen, innigen Liebe. Dieses Verlangen geht weit über gewöhnliches Verlangen nach einem Liebesbeweis hinaus. Es ist für uns der Anfang wahren geistlichen Wachstums. Wenn dieses große Verlangen nach der Liebe des Herrn Jesus nicht da ist, werden wir nicht verstehen, was Salomo mit diesem Lied meint.

In der prophetischen Bedeutung sehen wir in dem treuen Überrest Israels diese Einstellung eines intensiven Verlangens nach den Liebeserklärungen des Messias als dem Bräutigam. Die Frage des Überrestes, der Braut, ist immer, ob Er sie akzeptieren wird. Sie spricht tatsächlich zu Ihm, aber öfters über Ihn anderen gegenüber. Der Bräutigam spricht immer allein zu ihr. Wir werden sehen, wie Er sie von seiner Liebe zu ihr überzeugen möchte.

Wenn wir das Buch Hohelied lesen, fällt uns auf, dass die Braut immerzu nach Bestätigung sucht. Sie zweifelt nicht an seiner Liebe, aber sie zweifelt an seiner Liebe für sie. Sie sehnt sich verzweifelt nach Liebesbeweisen von dem Bräutigam, wodurch sie Gewissheit haben kann, dass Er sie angenommen hat. Wir sehen in ihrem Verlangen eine Ungewissheit, die wir oft in den Psalmen sehen. Es gibt noch keine fest etablierte, bleibende Beziehung. Es gibt noch Zweifel. Manchmal hören wir, wie sie sagt, dass sie weiß, dass er sie liebt, aber ein wenig später kehren die Zweifel zurück.

Die Gewissheit des Glaubens, die Gewissheit der Sündenvergebung und des Angenommenseins durch Gott wird der Überrest erst bei der Wiederkunft des Herrn Jesus auf die Erde erfahren und erleben. Dann wird Er sie von allen Zweifeln befreien und ihnen seine Liebe auf eine perfekte Weise zeigen und sie werden sich im zukünftigen Tausendjährigen Friedensreich daran erfreuen.

Die neutestamentliche Gemeinde als Ganzes sowie einzelne Gläubige der Gemeinde, sind nicht in solch einer ungewissen Beziehung mit Christus. Für die Gemeinde und den einzelnen Gläubigen ist es keine Frage, ob Er sie annehmen wird, denn sie wissen, dass sie angenommen sind. Sie ruhen auf dem Werk, das Er ein für alle Mal auf Golgatha vollbracht hat. Davon muss der Überrest in der Zukunft erst überzeugt werden.

Aber trotzdem kann ein Gläubiger in dieser Zeit in Ungewissheit darüber leben, ob ihm seine Sünden vergeben sind und ob er ein Kind Gottes ist. Das ist der Fall, wenn man das Gesetz als eine Norm für das christliche Leben nimmt. Kein Mensch kann das Gesetz erfüllen, nicht einmal, wenn man versucht – wie man so sagt – es aus Dankbarkeit zu tun. Vielleicht ist das der Fall im Leben eines Lesers. Wer seine Sünden wirklich bekannt hat und dem Wort Gottes glaubt, dass Gott dem vergibt, der seine Sünde bekennt (Joh 1,9), der kann sich ganz gewiss sein, dass er ein Kind Gottes ist. Dann gibt es keinen Zweifel.

In der zweiten Zeile dieses Verses wendet sich die Braut an den Bräutigam. Sie hat die Liebeserklärungen des Bräutigams erfahren. Seine Liebeserklärungen übersteigen alle irdischen Freuden, wovon der Wein ein Bild ist (Ri 9,13; Ps 104,15a). Sie sehnt sich nach seiner ausgezeichneten Liebe, weil die irdische Liebe nichts ist im Vergleich zu seiner Liebe (Ps 4,8).

Für diese Braut war die Liebe des Bräutigams besser als Wein. Es spricht davon, dass diese Äußerungen der Liebe in unseren Beziehungen alles, was wir für Geld oder Güter investieren können, in den Schatten stellt. Einmal wurde ein Mann von seiner Frau verlassen. Sie konnte es nicht mehr aushalten, mit ihm zusammen zu sein. Er hatte es zum Herrn herausgeschrien. Als er darüber erzählte, sagte er: „Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe. Ich habe ihr alles gegeben, was sie wollte.“ Man sagte ihm daraufhin, dass mehr dazu gehört, als jemanden alles zu geben, was er oder sie möchte. Es ist wichtig, dass wir das Herz erreichen. Man kann Liebe nicht kaufen, man kann seine Liebe nicht einfach durch Geschenke zeigen. Wenn ich etwas bekomme, muss das Herz sichtbar werden. Nur dann ist Liebe wirklich besser als Wein. Dann gibt es eine innere Freude.

Wer geschmeckt hat, dass der Herr gütig ist (1Pet 2,3; Ps 34,9), der weiß, dass nichts „besser schmeckt“, und der möchte es noch mehr erleben. Die Liebe des Herrn Jesus „übersteigt die Erkenntnis“ (Eph 3,19). Wer sich mehr nach irdischen Freuden sehnt als nach seiner Liebe, der hat seine Liebe noch nicht verstanden und erlebt.

In der Beziehung zu unseren Brüdern und Schwestern sind Liebesbeweise auch wichtig. Aber wir müssen immer daran denken, dass dies auf eine andere Weise passiert als in der Ehebeziehung und im Familienkontext. Es gibt Brüder und Schwestern, die sich nach einem Liebesbeweis sehnen, damit sie merken, dass man sich um sie kümmert, dass man ihnen Aufmerksamkeit schenkt und dass man sie dafür schätzt, wer sie sind.

Heute können die Benutzer der modernen Kommunikationsmittel ihre Gefühle auch mittels bestimmter Zeichen oder Icons ausdrücken. Besonders für junge Gläubige gibt es hier Fallen. Lass dich nicht dazu verleiten, Nachrichten zu schreiben oder zu beantworten, die die Gefühle anregen. Solche Nachrichten gehen über die Grenzen hinaus, die Gott gegeben hat. Bewahre deine Liebesbekundungen für denjenigen oder diejenige auf, den dir der Herr geben möchte oder dir gegeben hat. Liebesbekundungen müssen immer so stattfinden, wie Gott sie vorgesehen hat. In der Ehe und in der Familie passiert dies auf eine vertraute, zarte Weise; in der gegenseitigen Beziehung zwischen Brüdern und Schwestern, Jung und Alt geschieht dies auf eine gute, aufrichtige Weise, ohne irgendwelche versteckten Beweggründe.

Ein ausgegossenes Salböl

Die Braut spricht dann über die Salben, mit denen der Bräutigam gesalbt wurde. Sie riecht es. Sie liebt seinen Geruch; er hängt sozusagen immer noch in der Luft. Der Wohlgeruch der Salben umgibt seine Liebe, die besser ist als Wein. Der Wein als ein Bild irdischer Freude wird durch den Geruch des Öls ersetzt. Das Öl spricht vom Heiligen Geist (1Joh 2,20; 27).

Das Werk des Heiligen Geistes ist in dem Herrn Jesus völlig sichtbar geworden, von dem wir lesen: „… wie Gott ihn mit Heiligen Geist und mit Kraft gesalbt hat, der umherging, wohltuend und alle heilend, die von dem Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm (Apg 10,38). Er verbreitete überall seinen wundervollen Duft durch alles, was Er sagte und tat.

Die Frucht des Geistes besteht aus neun Teilen (Gal 5,22). Die Gesamtheit dieser Teile ist wie diese Salböl-Mischung. Wenn wir in den Evangelien lesen, wie der Herr Jesus seinen Weg auf der Erde gegangen ist, dann sehen wir alle Aspekte der Frucht des Geistes in allen seinen Taten. Jeder Teil wird, durch alles was Er sagt und tut, vollkommen und in vollständiger Harmonie mit den anderen Teilen zum Ausdruck gebracht. Für alle, die seine Liebe kennen und erleben, gibt jeder Vers in den Evangelien einen vollen, wunderbaren Geruch von Ihm ab.

Der Vater kennt und erlebt die Zusammensetzung des Salböls als Frucht des Geistes im Leben seines Sohnes auf vollkommene Weise. Wir können den wundervollen Geruch nur stückweise riechen oder wahrnehmen, „denn wir erkennen stückweise“ (1Kor 13,9a), das heißt Stück für Stück, nach und nach. Uns ist es nicht möglich, die Herrlichkeit des Herrn Jesus in seiner Tiefe völlig zu ergründen, denn es steht geschrieben: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater“ (Mt 11,27a).

Das Geheimnis seiner Person, dass Er sowohl vollkommen Gott als auch vollkommen Mensch ist, bleibt uns verborgen. Wir sollten nicht versuchen, dies zu verstehen (vgl. 2Mo 30,31-33). Aber wir können uns beeindrucken lassen von der Vollkommenheit dieser einzelnen Teile, wenn wir Ihn bewundern für alles, was Er uns gezeigt hat.

Der Herr Jesus ist der Gesalbte. Alles was aus Ihm herausfließt, alle Öle, verbreiten einen angenehmen Duft, sowohl für Gott als auch für die Menschen. Menschen verbreiten diesen Duft nicht (Jer 48,11). Ein einziges unangebrachtes Wort oder eine unangemessene Bemerkung kann sofort die Atmosphäre verderben. Das war beim Herrn Jesus niemals der Fall. Sünde ist ein Aroma des Todes. Der Duft Christi in dem Evangelium führt zum Leben oder zum Tod (2Kor 2,15-16). Welcher Geruch geht von uns aus?

Dann sagt die Braut: „Ein ausgegossenes Salböl ist dein Name.“ Ist das nicht schön? Wenn ich den Namen eines Tieres nenne, z. B. eines Löwen, dann ist das nicht nur ein Name. Wenn man diesen Namen nennt, kommt uns das Bild des Königs der Tiere vor Augen. Wenn wir an den Namen des Herrn Jesus denken, welches Bild kommt uns dann vor Augen? Sein Name ist ein ausgegossenes Salböl, sodass das Ganze sich ausbreitet und die Oberfläche mit Öl bedeckt ist. Wir können uns vorstellen, dass über der ganzen Oberfläche dieser wundervolle Duft hängt. Auf diese Weise wird die Erkenntnis des Namens des Herrn Jesus die ganze Erde bedecken, und jeder wird einen oder mehrere Aspekte dieses Namens kennen und erleben und seine Bewunderung darüber zum Ausdruck bringen.

Das Ausgießen erinnert uns auch daran, dass Er sein Leben gegeben und es in den Tod ausgeschüttet hat. Das macht seinen Namen so wertvoll. Indem wir seinen Namen „Jesus“ nennen, den Namen, den Er bei seiner Geburt erhielt, geben wir einen Duft davon ab, dass Er kam, um sein Volk von seinen Sünden zu retten (Mt 1,21). Es ist der Name, in dem jedes Knie sich beugen wird (Phil 2,10). Um uns zu helfen, den Duft dieses Namens ein bisschen mehr zu genießen, schüttet Jesaja einige seiner Namen, die einen wunderbaren Duft geben, als einen „Ölstrom“ aus: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst“ (Jes 9,6).

Sein Name ist „Wunderbar“. Wer kann verstehen, wer Er als Gott und Mensch in einer Person ist? Dann ist sein Name „Berater“, denn bei Ihm sind Rat und Weisheit. Er weiß, was Er tut, und Er weiß, was getan werden muss. Er kennt unser Leben. Wenn wir Fragen und Probleme haben, können wir Ihn immer um Rat bitten, und Er wird ihn uns geben (Ps 32,8). Sei Name ist auch „starker Gott“. Er sagt uns nicht nur, was wir tun sollen, und zeigt nicht nur den Weg, den wir gehen sollen, sondern Er hilft uns, seinem Rat zu folgen. Er übersieht alles, denn Er ist der „Vater der Ewigkeit“. Sein Ziel ist, uns Frieden zu geben, denn Er ist der „Friedefürst“.

Geben uns diese Namen – und es gibt so viele weitere in der Schrift, jeder mit seinem eigenen speziellen Wohlgeruch –, wenn wir über sie nachdenken, nicht einen angenehmen Geruch, einen Duft, in dem wir leben wollen, so als wären wir in einer reinen Atmosphäre? Wenn wir in diesem Duft leben, wird es geistlich unseren „Kleidern“ anhängen, das heißt unserem Verhalten. Alles in unserem Leben wird davon durchdrungen sein. Dann werden die Leute um uns herum diesen Duft auch riechen. An dem gläubigen, aber fleischlichen Jakob hing der Geruch des Feldes. Das kam daher, weil er die Kleider Esaus angezogen hatte (1Mo 27,15; 16; 27). Wenn wir uns verhalten wie die Welt, dann hängt der Geruch der Welt an uns. Das sollte nicht der Fall sein.

Der Name des Bräutigams ist sehr süß für die Braut. Aber sie ist sich auch der Tatsache bewusst, dass der Wert dieses Namens auch die Liebe anderer anzieht. Sie redet über „die Jungfrauen“, die ihn aus dem gleichen Grund lieben wie sie. In prophetischer Anwendung können wir an die Städte Judas denken, die wie Jerusalem den Messias lieben werden.

Die Lektion für uns ist, dass wir uns im Klaren sein müssen, dass unsere Liebe für den Herrn Jesus von anderen geteilt wird. Die Liebe erfreut sich an dem Objekt der Liebe und sie genießt es, wenn andere auch diese Liebe haben. Mit „Jungfrauen“ sind Frauen und Männer gemeint, die sich selbst von der Welt rein erhalten und allein für den Herrn Jesus leben (Off 14,1-5; vgl. 2Kor 11,2; Jak 4,4). Sie tun dies, weil sie ihn lieben.

In seine Gemächer geführt

Seine Liebe zieht unsere Herzen zu Ihm. Je mehr wir uns mit seiner Liebe beschäftigen, umso mehr werden wir Ihn lieben. Es ergibt keinen Sinn, dass wir in Sacktuch und Asche sitzen wegen unserer fehlenden Liebe für Ihn. Es ergibt keinen Sinn, wenn man die Liebe für Ihn anregen und intensivieren will. Wir sollen nicht länger auf uns selbst schauen, sondern müssen uns mit Ihm beschäftigen. Wenn wir über unsere Trägheit und Kälte nachdenken, hilft uns das nicht, Ihn mehr zu lieben. Wenn wir Trägheit und Kälte in unserer Liebe für Ihn feststellen, dann sollten wir dies bekennen und sofort danach anfangen, über seine Liebe zu uns nachzudenken. Dann werden unsere Herzen wieder warm werden. „Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1Joh 4,19).

Wir spüren, dass wir anfällig sind für Dinge, die an die Stelle unserer Liebe für Ihn treten. Deshalb spüren wir das Bedürfnis nach inbrünstigem Gebet, dass Er uns zu Ihm ziehen wird. Nach diesem Gebet haben wir sofort die Absicht im Herzen, Ihm nachzulaufen. Wir sehen das z. B. im Leben des Paulus. Er weiß, dass der Herr Jesus Ihn ergriffen hat, und dann sagt er, dass Er Ihm nachjagt, um Ihn zu ergreifen (Phil 3,12-14).

Es ist unser persönliches Verlangen, dass Er uns zieht: „Zieh mich“. Aber der Wunsch, zu laufen und zu folgen, ist ein gemeinsamer Wunsch, wie wir hier lesen: „Wir werden dir nachlaufen.“ Das Verlangen, das jemand hat, dass er offen ist für das Wirken des Geistes Gottes, ist das Verlangen mehrerer Personen. Paulus „jagte nach“ und diejenigen, die den Bräutigam lieben, „laufen nach“. Wenn wir seine Liebe kennen und erfahren haben, führt uns das zur größtmöglichen Kraftanstrengung, um Ihn zu erkennen und bei Ihm zu sein.

Wenn das Auge und das Herz so auf Ihn gerichtet sind, dann stellen wir fest, dass die Initiative bei Ihm liegt. Er muss ziehen. So ist es schon bei der Bekehrung. Das ist, was der Herr Jesus auch sagt: „Niemand kann zu mir kommen, wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zieht“ (Joh 6,44a; vgl. Jer 31,3; Hos 11,4). So werden wir aus der Macht der Welt und der Sünde gezogen (Gal 1,3b; 4). Das nimmt die Verantwortung des Sünders, umzukehren, nicht weg, aber hier sehen wir Gottes Seite.

Für den Gläubigen ist es das Gleiche. Er ist aufgerufen, Christus nachzufolgen. Wer diesen Ruf ernst nimmt, wird auch die Notwendigkeit verspüren, dass der Herr sein Werk an ihm tut. Dass der Ruf wirklich ernst genommen wird, sieht man daran, dass jemand die bewusste Entscheidung trifft, Ihm auch nachzufolgen. Das lebensspendende Werk des Geistes in uns und unsere Verpflichtung als Gläubige schließen aneinander an (vgl. Hos 6,1-3).

Als die Braut ihren Wunsch, gezogen zu werden, ausgedrückt hat sowie die feste Absicht, dem Bräutigam nachzufolgen, sieht sie sofort das Endziel des Weges vor sich. Sie weiß, dass er sie „in seine Gemächer“ führen wird. Sie sieht sich schon gemeinsam mit ihm dort. Seine Gemächer sind die inneren verborgenen Räume des Königs (Ps 91,1). Es ist ein Ort inniger Nähe. Hier nennt sie ihn zum ersten Mal „König“. Die Liebesbeziehung, in der sie zu ihm steht, ist auch eine Beziehung, in der sie ihn als ihren Herrn anerkennt (vgl. Ps 45,12).

Für uns ist es das Gleiche. Der Herr Jesus muss wirklich unser Herr sein, bevor wir Ihn als einen liebenden Bräutigam kennen können. Wir wissen auch, dass Er zum Vaterhaus gegangen ist, um dort eine Wohnung für uns zu bereiten. Er kommt zurück, um uns abzuholen und uns dort hinzubringen (Joh 14,1-3), aber durch den Geist sind wir schon mit Ihm dort verbunden.

Das Wissen um die Liebe ihres Geliebten zu ihr und die Anerkennung seiner Herrschaft bringt von ihren Lippen einen Ausruf der Freude hervor. In einer Beziehung von Liebe und Autorität, in der Autorität mit perfekter Liebe praktiziert wird, liegt die größtmögliche Verlässlichkeit und Sicherheit. Das kann nur Freude und Glück hervorrufen. Das ist auch bei uns der Fall in unserer Beziehung mit dem Herrn Jesus. Es gibt uns eine tiefe Freude, weil wir Ihn kennen und lieben und sogar noch mehr, weil Er uns kennt und liebt.

Er ist das Objekt unserer Freude, wir freuen uns an Ihm. Freude ohne Ihn oder Freude, die eine andere Quelle hat, ist eine oberflächliche Freude, die kurz aufleuchtet, wie ein Strohfeuer, und dann verlischt, ohne dass es Wärme abgibt. Christus ist die unauslöschliche Quelle der Freude und des Glücks. Er ist eine Quelle, die von nichts beeinträchtigt werden kann, das die Freude vermindern oder auslöschen könnte. Die Freude, die wir in Ihm finden, kann nicht von veränderlichen Umständen beeinflusst werden.

Im Vaterhaus werden wir dauerhaft aus dieser Quelle trinken und uns ewig auf eine perfekte, ungestörte Weise an Ihm erfreuen. Schon jetzt auf der Erde dürfen wir uns wieder und wieder freuen (Phil 4,4; 1Thes 5,16). Im Vaterhaus werden wir uns immerzu an seine ausgezeichnete Liebe erinnern, so wie wir es schon auf der Erde tun. Wir werden diese Liebe niemals vergessen – diese Liebe, die „besser ist als Wein“, das heißt, dass die Freude, die seine Liebe uns gibt, weit über alle irdischen Freuden hinausgeht. Wir werden über diese Liebe mit dem Vater und dem Sohn und miteinander sprechen. Dies ist die Gemeinschaft, die uns völlige Freude gibt: „Und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei“ (1Joh 1,3b; 4).

In der letzten Zeile des Verses versichert die Braut dem Bräutigam, dass die Jungfrauen ihn „in Aufrichtigkeit“ lieben. Wenn wir den Herrn Jesus lieben, dann ist es zu Recht, dies zu tun, denn seine Liebe gibt uns allen Grund dazu. Es ist auch wichtig, dass unsere Liebesbekundungen ernst gemeint und nicht heuchlerisch sind und keine versteckten Beweggründe haben.

Unsere Liebesbekundungen sind schwach. Aber wenn sie aufrichtig sind, dann wird Er sie sehr wertschätzen. Die Braut erkennt dies hier mit den Jungfrauen, und sie bezeugt das ihrem Bräutigam. Haben wir auch ein Auge dafür, wenn etwas aus Liebe für den Herrn Jesus getan wird? Oder sehen wir eher oder vielleicht sogar ausschließlich das Falsche, was eine andere Person tut? Wir müssen lernen, das, was in Aufrichtigkeit getan wird, wertzuschätzen und dies auch in Form einer Ermutigung ausdrücken.

Schwarz, aber anmutig

Nachdem die Braut im vorigen Vers in die Gemächer des Königs gebracht wurde, sagt sie etwas über sich selbst. Das Bewusstsein, dass sie das Vorrecht hat, an diesem Ort zu sein, macht sie nicht stolz, sondern demütig. Was sie hier sagt, richtet sie an die „Töchter Jerusalems“. Wir werden noch öfter von ihnen hören. Wir werden sehen, dass die Töchter Jerusalems auch Gläubige vorstellen, die an Christus glauben, die aber nicht die gleiche brennende Liebe für Ihn haben, wie es bei der Braut der Fall ist. Sie können auch die Beziehung, die die Braut hat, nicht verstehen, eben genau deswegen, weil sie nicht die gleiche brennende Liebe haben und nicht diese innige Beziehung kennen. Es ist so, als ob die Braut sich selbst ihnen gegenüber rechtfertigt wegen ihrer Beziehung mit dem Bräutigam und ihnen erklärt, wer sie für ihn ist.

Sie spricht aus, dass sie „schwarz“ ist (vgl. Klgl 4,7; 8). Sie sagt, dass sie anerkennt, wer sie von Natur aus ist. Dies ist ein wichtiger Aspekt unserer Beziehung mit dem Herrn Jesus. Wenn wir von der Liebesbeziehung sprechen, in der wir zu dem Herrn Jesus stehen, müssen wir uns auch völlig darüber im Klaren sein, dass wir in uns selbst „schwarz“ sind, das heißt sündig. Die Sünde ist immer noch in uns. „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns (1Joh 1,8). Dadurch sind wir nicht bedrückt oder entmutigt, sondern wenn wir dies bei uns feststellen, werden wir unsere Augen auf den Herrn Jesus richten, der durch sein Werk am Kreuz die Macht der Sünde zerstört hat für alle, die glauben (Röm 6,6).

Die Braut sagt gleich darauf, dass sie „anmutig“ ist. So ist sie in den Augen des Bräutigams. Sie weiß das, trotz der Tatsache, dass sie nach Bestätigung sucht. Vielleicht wissen wir, dass wir durch Buße und Sündenbekenntnis die Vergebung unserer Sünden haben. Aber darüber hinaus wissen wir auch, dass Gott „uns begnadigt hat [oder: uns angenehm gemacht hat] in dem Geliebten“ (Eph 1,6).

Aber dennoch kann es Momente – oder manchmal Perioden – in unserem Leben geben, in denen uns dies nicht mehr so bewusst und lebendig ist und unsere Gefühle der Dankbarkeit schwinden. Nicht dass wir die Gewissheit unseres Glaubens verloren hätten. Das ist nicht der Fall, aber die Gefahr besteht, dass unsere Gewissheit uns ziemlich gleichgültig machen kann. Wir kennen es so gut, dass es uns nicht mehr ins Staunen versetzt und dass wir uns nicht mehr darüber verwundern, was der Herr Jesus für uns getan hat und wie Gott uns jetzt sieht. Das Feuer der ersten Liebe für den Herrn Jesus ist ausgelöscht.

Wenn die Braut sagt, „ich bin schwarz“, dann drückt sie eine tiefe Überzeugung aus, die jedes Kind Gottes haben sollte. Die Worte, die gleich darauf folgen, „aber anmutig“, nehmen diese Überzeugung nicht weg, sondern verstärken nur das Wunder, anmutig zu sein. Das bedeutet für uns das Bewusstsein, dass Gott uns in seinem Sohn anschaut und dass wir Kinder Gottes sind.

Wenn wir beide Seiten in unseren Herzen verstehen, dann wird unsere Liebe für den Herrn Jesus leidenschaftlich bleiben. Wenn wir eine Seite vergessen oder der einen oder anderen Seite zu viel Bedeutung beimessen, wird unser Glaubensleben seine Stabilität verlieren. Dann werden wir, auch abhängig von unserem Charakter, entweder in Gesetzlichkeit oder aber in eine fleischliche Freiheit fallen, und vielleicht sogar eine liberale Einstellung vertreten.

Dann benutzt die Braut zwei Vergleiche, die das illustrieren, was sie gerade über sich selbst gesagt hat. Sie ist „wie die Zelte Kedars“ und „wie die Zeltbehänge Salomos“. Kedar ist ein Gebiet außerhalb Israels. Es weist auf einen Ort außerhalb des Segens Gottes hin. Der Überrest, der in der Zukunft, während der großen Drangsal, aus dem Land vertrieben wird und ins Ausland flieht, klagt: „Wehe mir, … dass ich wohne bei den Zelten Kedars!“ (Ps 120,5). Die Zelte Kedars sind schwarz. Und so leben auch wir auf der Erde in einer Welt, die im Bösen liegt, die schwarz von Sünde ist. Das schließt das Schwarz unserer sündigen Natur mit ein. Aber durch Glauben können wir wissen, dass die Sünde in uns verurteilt ist, durch das Gericht, das Christus am Kreuz erduldet hat.

So sind wir nun mit der Gerechtigkeit Gottes in Christus bekleidet. Das sehen wir im zweiten Vergleich mit den „Zeltbehängen Salomos“. Wir können an die strahlend weißen Vorhänge in Salomos Palast denken. Daher wissen wir, dass wir Christus angezogen haben und dass wir in Ihm vor Gott angenehm gemacht worden sind.

Wenn wir darüber nachdenken, was wir waren und was wir jetzt geworden sind, werden wir mit dem Psalmisten sagen: „Der unser gedachte in unserer Niedrigkeit, denn seine Güte währt ewig“ (Ps 136,23). Seiner Güte verdanken wir alles. Dann werden wir wie Maria sein, die sang, als man ihr sagte, dass sie die Mutter des Herrn Jesus sein würde: „Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heiland; denn Er hat hingeblickt auf die Niedrigkeit seiner Magd“ (Lk 1,46-48).

Genauso wie das unbedeutende Mädchen aus Sulam, die Hirtin, der Gegenstand der Liebe des großen Königs Salomo geworden ist, so war es auch bei uns. Wir waren von Natur aus verdorbene, verlorene, unwürdige, rebellische Geschöpfe, aber jetzt sind wir auf innigste Weise mit dem allmächtigen Gott, dem ewigen Sohn, verbunden. Wir sind der Gegenstand seiner Liebe und haben Anteil an den Auswirkungen seines Werkes. Wir teilen mit Ihm seinen Platz im Himmel, und wir teilen mit Ihm seine Herrschaft über Himmel und Erde. Ist es nicht ein immer größer werdendes Wunder, je länger wir darüber nachdenken und je besser wir uns selbst kennenlernen?

Es soll noch eine praktische Bemerkung darüber gemacht werden, dass es sich um eine Liebesbeziehung zwischen einem Mädchen vom Land und einem mächtigen König handelt. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Salomo und der Braut, was die Bildung, die Weisheit und den Wohlstand betrifft. Trotzdem ziehen sie sich gegenseitig an und sehnen sich nacheinander. Auf die gleiche Art kann der Herr auch heute zwei junge Menschen zusammenbringen, obwohl es große soziale und intellektuelle Unterschiede zwischen ihnen geben mag. Die Frage ist, ob es wahre Liebe gibt, denn wahre Liebe übersteigt und überbrückt diese Unterschiede. Ein Gefühl der Liebe, eine bloße Verliebtheit, ist keine Grundlage hierfür. Es geht um göttliche Liebe, denn nur göttliche Liebe kann uns von Dingen fernhalten, die sonst ein Hindernis darstellen würden.

Rechenschaft und Versagen

Was die Braut im vorigen Vers darüber sagt, dass sie schwarz ist, sagt sie vor dem Hintergrund, wie sie dies selbst fühlt. Das bedeutet, dass sie anerkennt, dass sie selbst sündig ist. Dieses Bewusstsein ist wichtig. Jetzt redet sie wieder darüber, dass sie „schwärzlich“ ist, aber diesmal sagt sie es den anderen. Sie sagt, dass die anderen sie nicht deswegen ansehen sollten, weil sie schwarz ist. Ihre Offenheit über ihre Vergangenheit sollte nicht dazu führen, dass man deswegen auf sie herabschaut. Sie kann nichts dafür, dass sie schwärzlich ist, denn der Grund dafür sind die heißen Sonnenstrahlen. Sie war ihnen ausgesetzt, weil ihre Brüder sie dazu zwangen, die Weinberge zu hüten. Sie bittet um Verständnis und Akzeptanz trotz dessen, was sie ist.

Eine Lektion für uns ist, dass wir auf andere nicht herabschauen sollten, wenn sie uns etwas aus ihrer Vergangenheit erzählt haben. Noch schlimmer ist es, wenn wir jemanden dafür Vorwürfe machen, dass er ein schlechter Mensch ist, nachdem er über seine Sünden Buße getan und sie bekannt hat. Hier sollen wir einander so betrachten, wie uns der Herr Jesus betrachtet. Wir wissen, dass wir selbst auch schwärzlich und sündig sind. Es kann passieren, dass das Schwärzliche wieder völlig sichtbar wird, weil jemand sündigt. Dann sollten wir darüber reden, aber nicht mit anderen, sondern mit der betreffenden Person.

Aber hier geht es um die Frage, ob wir die anderen an ihre Vergangenheit erinnern oder, vielleicht sogar noch gemeiner, weil der andere uns ärgert. Dann leben wir nicht in Verbindung mit dem Herrn Jesus und im Bewusstsein unserer eigenen Sündhaftigkeit. Wenn wir vergessen, was der Herr Jesus für uns am Kreuz tat, dann vergessen wir auch, dass Er das Gleiche für diese andere Person tat. Wir sollten und müssen über uns selbst sagen, dass wir der Erste unter den Sündern sind, so wie es Paulus tat (1Tim 1,15).

Es geht nicht darum, dass man die Anzahl der Sünden aufzählt oder misst, wie schwer sie wiegen, sondern dass uns bewusst ist, wie böse wir selbst sind. Wer kennt meine ganzen vielen, schmutzigen Sünden besser als ich? Wenn wir davon überzeugt sind, wird Satan keine Möglichkeit haben, unseren Frieden wegzunehmen, indem er uns an die Sünden erinnert, die wir begangen haben.

Einmal fiel es einem Mann schwer zu akzeptieren, dass seine Sünden weggetan waren. Er hat immerzu auf seine Sündhaftigkeit geschaut. Satan hatte Erfolg damit, ihn an seine Sünden zu erinnern. Er dachte immer: „Ich bin so schlecht. Meine Sünden sind so schlimm.“ Er sprach einmal mit einem Evangelisten darüber. Der Evangelist sagte diesem Mann, der wirklich in großer Bedrängnis des Gewissens war: „Aber wir haben einen großen Gott, der „reich an Vergebung“ ist (Jes 55,7). Er wirft alle unsere Sünden hinter seinen Rücken“ (Jes 38,17). „Ja“, antwortete der Mann, „aber wenn Er sich umdreht, sieht Er sie wieder.“

Dann wies ihn der Evangelist darauf hin, dass die Bibel auch sagt, dass Er alle unsere Sünden „in die Tiefen des Meeres“ wirft (Mich 7,19). „Ja“, entgegnete der Mann, „aber es heißt auch in den Schriften, dass eine Zeit kommen wird, wo das Meer vertrocknet, und dann wird Er alle meine Sünden wieder sehen.“ Dann sagte der Evangelist: „Aber es steht auch geschrieben, dass Gott unserer Sünden nie mehr gedenken wird“ (Heb 8,12). Dann gab der Mann nach und fand Frieden.

Es ist großartig, wenn wir wissen, dass Gott unserer Sünden nicht mehr gedenkt. Das trifft natürlich nur auf diejenigen zu, die ihre Sünden vor Ihm bekannt und aufrichtig Buße getan haben. Er ist der Einzige, der ganz bewusst etwas vergessen kann. Wenn wir etwas vergessen, ist es eine Schwäche, weil unsere Merkfähigkeit begrenzt ist. Wir können so etwas sagen wie: „Ich werde nicht mehr daran denken“, aber in dem Moment, wo wir das sagen, denken wir sehr bewusst daran. Aber Gott ist fähig, an etwas bewusst nicht zu denken, sodass Er unserer Sünden nicht mehr gedenkt und uns nicht mehr an sie erinnert, weil sie weg sind.

Wir können also Folgendes sagen:
1. Gott wirft uns unsere Sünden nicht mehr vor, denn Er denkt nicht mehr an sie.
2. Satan hat überhaupt kein Recht mehr, uns auf unsere Sünden aufmerksam zu machen und unser Gewissen zu beunruhigen, denn vor Gott existieren unsere Sünden nicht mehr.
3. Im Licht dieser beiden Tatsachen sollten wir ein Kind Gottes nicht mehr an seine Vergangenheit erinnern, denn Gott hat alles beigelegt auf der Grundlage des Werkes, das sein Sohn am Kreuz vollbracht hat.

Nachdem Sulamith darum gebeten hat, ihr keine Vorwürfe für ihre Schwärze zu machen, erklärt sie, wie ihre Brüder sie behandelt haben. Vielleicht war die Motivation für ihre Frage diese, dass man ihre Schwärze ihr nicht zurechnet. Das zeigt, wie sensibel sie mit ihrer Umgebung umgeht. Sie fühlt sich falsch verstanden, sowohl von den Töchtern Jerusalems, als auch von ihren Brüdern. Sie hat eine engere Beziehung zu ihren Brüdern als zu den Töchtern Jerusalems. Aber was sie ihr angetan haben, tut ihr umso mehr weh.

Sie nennt ihre Brüder nicht „die Söhne meines Vaters“, sondern „die Söhne meiner Mutter“. Das erinnert uns an die gemeinsame Stellung der Gnade (Gal 4,26-28). Sie teilen die Stellung, aber ihre Praxis ist anders. Die Brüder durchleben nicht die gleiche Entwicklung wie die Braut.

Sie sagt von ihren Brüdern, dass sie ihr zürnten. Sie sagt nicht warum. Eine Möglichkeit ist, dass sie vielleicht eifersüchtig auf sie waren, weil ihre einfache Schwester ein enges Verhältnis mit König Salomo hatte. Wir sehen etwas Ähnliches bei Josephs Brüdern, die auch eifersüchtig waren, weil Joseph Jakobs Herz erfreute. Sulamiths Brüder schicken sie mit einem Auftrag weg. Diese Brüder hatten wahrscheinlich einfach die Macht dazu. Die Brüder sind viel stärker als das Mädchen. Sie zwangen sie, sich um den Weinberg zu kümmern.

Hier können wir eine Anwendung auf unsere Familien machen. In Familien mit Kindern kann es passieren, dass manche Kinder Macht über ein anderes Kind haben. Es ist gut, dass die Eltern darauf achten, wie ihre Kinder miteinander umgehen. Akzeptieren sie einander oder wollen sie einander ausnutzen? Gibt es jemanden – vielleicht der Älteste oder der Stärkste oder der Klügste –, der andere Familienmitglieder manipuliert, indem er oder sie seine überlegene Kraft ausnutzt, um die anderen dazu zu bringen, dass sie etwas tun, was ihm oder ihr nützt?

Es ist wichtig, dass wir als Eltern darauf achten, dass die Kinder ihre Aufgaben nur von uns Eltern bekommen. Die Eltern sind verantwortlich dafür, was ihre Kinder tun, solange sie unmündig sind und sich noch nicht um sich selbst kümmern können.

Das oben genannte ist auch in der Gemeinde wichtig, weil sie aus stärkeren und schwächeren Persönlichkeiten besteht. Achten wir darauf, dass die stärkeren Persönlichkeiten nicht über die schwächeren herrschen und ihnen sagen, was sie zu tun haben. Deshalb ist es gut, wenn wir uns fragen: Wie verhalte ich mich meinen Brüdern oder Schwestern gegenüber? Diene ich ihnen wirklich, ohne etwas zu verlangen oder sie sogar zu manipulieren?

Also haben die Brüder ihre Schwester weggeschickt, damit sie sich um den Weinberg kümmert. Es wird nicht erwähnt, wie sie diese Aufgabe bewältigt. Was sie aber von sich selbst sagt, ist, dass sie ihren eigenen Weinberg nicht gehütet hat. Hier sehen wir, wie jemand zu etwas gezwungen wird und deshalb vernachlässigt, was er zuallererst hätte tun sollen. Wenn jemand dazu verpflichtet wird, für andere zu arbeiten, dann kann das dazu führen, dass er die Verantwortung für die eigene Arbeit vergisst.

In Verbindung mit dieser Anwendung für unsere Familien können wir hier lernen, dass wir unseren Kindern Aufgaben geben müssen, die sie ausführen können, für die sie die Kraft und die Fähigkeiten haben. Wir sollten daher das Alter und die Fähigkeit eines Kindes bedenken, wenn wir ihm eine Aufgabe geben. Dasselbe trifft auch auf die Gemeinde zu. Auch hier dürfen wir nur jemanden etwas bitten, wozu er oder sie fähig ist und was mit seinen oder ihren Talenten übereinstimmt und nicht darüber hinausgeht.

Es kann passieren, dass wir sehr viel zu tun haben – unserer Meinung nach natürlich gute Dinge –, aber dass unsere Aktivitäten zu Lasten unserer ersten Verantwortung gehen. Väter z. B. sollten zuerst Väter sein und nicht Workaholics. Sie sollten ihre Verantwortung als Väter nicht ihren Frauen überlassen. Mütter sollten Mütter sein und keine Karrierejäger. Es geht darum, die richtigen Prioritäten zu setzen. Zuerst müssen sie sich um ihren eigenen Weinberg, ihre eigenen Familien, kümmern. Unser Chef mag uns vielleicht viel abverlangen, und wenn wir unser eigener Chef sind, verlangen wir uns selbst viel ab. Aber das bedeutet nicht, dass wir unsere Familie vernachlässigen sollten.

Jemand erzählte einmal, dass einige seiner Kinder dem Herrn nicht nachfolgen. Er sagte, dass es eine Zeit in seinem Leben gab, als er völlig von der Arbeit eingenommen war. Er kam spät am Abend nach Hause, schlief, stand früh am Morgen auf und ging wieder. Seine Kinder sah er kaum und seine Kinder sahen ihn kaum. Genau zu dieser Zeit trafen diese Kinder wichtige Lebensentscheidungen und brauchten die Aufmerksamkeit ihres Vaters und Gespräche mit ihm. Jetzt bedauert er das sehr. Lasst es eine Warnung für jeden sein, der das erkennt.

Was bedeutet es, sich um „seinen eigenen Weinberg“ zu kümmern? Es bedeutet, dass wir ein Aufgabenfeld von dem Herrn Jesus bekommen haben, um darin für Ihn zu arbeiten. Er beabsichtigt damit, dass wir für Ihn auf diesem Feld Frucht bringen sollen. Der Weinberg spricht von der Freude. Er möchte, dass wir mit dem, was Er uns gegeben hat, auf eine Weise umgehen, die Ihn glücklich macht. Familien, aber auch Gemeinden, sind Felder, wo wir alle Verantwortung tragen. Wenn wir die Verantwortung dafür erkennen und erfüllen, wird sich daran sowohl Gottes Herz als auch unser Herz erfreuen.

Es ist wichtig, dass wir uns um dieses Feld kümmern. Wenn wir dafür Sorge tragen, bedeutet es, dass wir es mit einem Feind zu tun haben. Wir müssen ständig vor seinen Angriffen auf der Hut sein. Im nächsten Kapitel lesen wir von Füchsen, die versuchen den Weinberg zu verderben und von der Bitte der Braut: „Fangt uns die Füchse“ (Hld 2,15). Aber hier geht es darum, dass wir eine Verantwortung haben, unseren Weinberg zu beschützen.

Wo weidest du?

Jetzt spricht die Braut mit dem Bräutigam. Sie wendet sich an ihn nach dem Versagen in ihrer Arbeit. Das ist, was der Herr von uns möchte, wenn wir versagt haben. Dann müssen wir nicht in Selbstmitleid den Mut aufgeben, sondern zu Ihm gehen. Sie wendet sich an ihn als jemand, den sie kennt und für den sie tiefe Liebe hat. Die Anziehungskraft der Liebe ist größer als die Niedergeschlagenheit des Versagens. Unser Versagen kann niemals größer sein als die Liebe Christi. Das sollten wir nie vergessen.

Petrus hat das auch erfahren. Der Herr Jesus spricht vorher von seinem Versagen, aber Er sagt dazu, dass Er für ihn gebetet habe, dass sein Glaube nicht aufhöre (Lk 22,31; 32). Wer den Herrn von ganzem Herzen liebt, ist traurig über sein eigenes Versagen, aber er ist auch überzeugt, dass die Liebe des Herrn einen Jünger, der versagt, niemals abschreiben wird, sondern ihm immer eine neue Chance gibt.

Das Versagen der Braut bringt sie wieder zurück in die Gemeinschaft mit dem, den sie so sehr liebt. Sie erkennt, dass sie Nahrung und Ruhe braucht. Es ist ermüdend, eine Arbeit zu tun, an der der Herr Jesus nicht beteiligt ist. Wenn wir dies erfahren, dann fühlen wir uns hungrig und sehnen uns nach Ruhe. Dies ist die Reihenfolge: zuerst essen und dann Ruhe (vgl. Hes 34,15). Ein hungriges Schaf wird sich nicht ausruhen, bis es etwas gefunden hat, um seinen Hunger zu stillen.

Nur der Herr Jesus kann uns die Nahrung geben, die unseren geistlichen Hunger stillt und uns die Kraft gibt, in Gemeinschaft mit Ihm und für Ihn zu leben. Die Nahrung ist tatsächlich Er selbst. Wir nähren uns von Ihm, wenn wir Gottes Wort lesen, denn alles darin spricht von Ihm (Joh 5,39). Dann bekommen wir auch Ruhe für unsere Seelen. Es ist wichtig, den Tag mit der Nahrung aus dem Wort Gottes zu beginnen. Wenn es dann Mittag ist, wenn die Sonne am heißesten scheint, das heißt, wenn die Umstände des Lebens schwierig werden (Mt 13,6; 21), dann werden wir in der Lage sein, unseren Weg in der Kraft dieser Nahrung fortzuführen (1Kön 19,5-7).

Kurz eine praktische Anwendung: Wenn wir auf der Arbeit gegen Mittag eine Mittagspause haben, was machen wir dann? Gibt es eine Möglichkeit, etwas aus dem Wort Gottes zu lesen? Oder haben wir andauernd zu tun? Ich kenne einen Vertreter, der immer zu tun hatte. Er musste sein Soll an Verkaufszahlen erreichen. Damit war er beschäftigt. Nachdem er einige Kunden besucht hatte und es Essenszeit war, fuhr er an einen ruhigen Ort, um ein Pausenbrot zu essen. Als er sein Brot aß, dachte er nicht daran, wie die Gespräche mit den Kunden an diesem Morgen verlaufen waren und wie er die weiteren Gespräche führen würde, sondern er entspannte sich, indem er etwas aus Gottes Wort las. Dies wird nicht auf jeden zutreffen und nicht auf jede Pause, aber versuchen wir es wenigstens, eine Pause auf diese Weise zu nutzen, wenn die Möglichkeit dazu besteht?

Für die Braut ist es wichtig, an dem Ort zu sein, wo er die Herde weidet und wo er sie am Mittag lagern lässt. Sie sucht die persönliche Beziehung mit ihm. Dies ist ein wichtiges Beispiel für uns. Nichts ist wichtiger als eine persönliche und lebendige Beziehung mit dem Herrn Jesus. Wir gehören zur Herde, wir sind mit anderen Gläubigen zusammen, die Ihm nachfolgen, aber wir verschwinden nicht in der Gruppe. Wenn wir nach der Herde Ausschau halten, dann geht es darum, bei Ihm zu sein. Wir folgen keiner Gruppe und leiten von ihr nicht unsere Identität ab, sondern wir folgen Ihm, mit dem jeder von uns eine eigene Beziehung hat. Der gute Hirte kennt jedes Schaf in seiner Herde „mit Namen“ (Joh 10,3).

Die Braut möchte nicht in der Gruppe untergehen und dort herumlaufen wie jemand mit einem Schleier. Sie hätte diesen Platz einnehmen sollen, wenn sie bei den „Herden deiner Genossen“ wäre, die andere Herden als seine sind. Dadurch weist sie darauf hin, dass sie ihre persönliche Beziehung mit ihm nicht bei anderen erleben kann. Eine Illustration davon sehen wir in der Christenheit. Dort gibt es Gruppen von Leuten, die menschlichen Leitern folgen. Diese Leiter arbeiten für den Herrn, aber sie versammeln die Schafe trotzdem um sich selbst herum. Sie nehmen den Platz des Mittlers zwischen dem Volk Gottes und Gott selbst ein. Solche Leiter sprechen von „meiner Gemeinde“, obwohl nur der Herr Jesus das sagen kann.

Wir können nur geistlich wachsen, wenn wir eine persönliche Beziehung mit dem Herrn Jesus haben. Wenn wir auf Gottes Wort hören, worum geht es uns dann? Ist es uns wichtig, wer predigt und wie der Prediger die Dinge sagt? Oder sind wir wirklich offen dafür, was Gott uns zu sagen hat? Wir müssen das, was gesagt wird, danach beurteilen, ob es unsere Beziehung mit dem Herrn Jesus stärkt. Der Prediger verschwindet, aber Christus bleibt.

Wir sehen dies beim Kämmerer in Apostelgeschichte 8. Der Evangelist Philippus lehrte ihn das Wort Gottes und taufte ihn. Dann verschwindet Philippus. Wir lesen nicht, dass der Kämmerer traurig zurückgeblieben ist, weil sein Lehrer nicht mehr da war, sondern das Gegenteil: Er zog seinen Weg mit Freuden (Apg 8,26-39). Jeder Prediger, der vom Herrn berufen ist, um mit Gottes Wort zu dienen, möchte nichts anderes für denjenigen, dem er mit Gottes Wort gedient hat, als dass er seinen Weg mit Freuden in der Gemeinschaft mit dem Herrn geht. Wir sollten uns nicht mit Menschen zufriedengeben, wer immer sie auch sind, sondern nur mit dem Herrn. Das können wir hier von der Braut lernen.

Geh hinaus, den Spuren der Herde nach

Der Bräutigam antwortet sofort auf die Frage seiner Braut, wo er die Herde weidet. Seine ersten Worte lauten: „Wenn du es nicht weißt.“ Darin liegt ein leichter Vorwurf. Es klingt so, als ob sie es hätte wissen können. Da die Braut diesen leichten Vorwurf missverstehen und als Abweisung wahrnehmen könnte, machen die folgenden Worte klar, dass dies nicht der Fall ist. Er nennt sie die „Schönste unter den Frauen“. Dies bedeutet, dass er ihr sagt, wie besonders sie für ihn ist. Obwohl er ihr einen leichten Vorwurf machen muss, schätzt er an ihr, dass sie mit ihrer Frage zu ihm kommt.

Der Herr Jesus muss uns manchmal auch einen leichten Vorwurf machen für die Dinge, die wir fragen, aber auf die wir die Antwort hätten wissen können (vgl. Joh 14,8; 9; vgl. Heb 5,11-14). Gleichzeitig schätzt Er es, wenn wir mit unseren Fragen zu Ihm kommen, und Er beantwortet sie. Er weist uns nicht ab.

Wir können dies auf die Situation anwenden, wenn unsere Kinder mit ihren Fragen zu uns kommen, einschließlich der Fragen, auf die sie schon die Antwort wissen sollten. Wie reagieren wir? Reagieren wir dann z. B. folgendermaßen: „Warum fragst du das, Dummerchen? Ich habe dir das doch schon gesagt, oder?“ Ein Kind hat vielleicht etwas vergessen. Wenn das der Fall ist, sollten wir das Kind nicht schimpfen.

Wir dürfen nicht vergessen, dass der Herr uns selbst auch ständig erzieht. Wir sind alle in der Schule des Lebens, sowohl Eltern als auch Kinder. Das Gleiche kann man über junge Leute in der Gemeinde sagen. Wie behandeln wir älteren Leute sie? Haben wir die Geduld, gewisse Dinge öfter zu erklären, so oft sie es brauchen?

Er sagt der Braut, dass sie den Spuren der Herde nachgehen soll, um zu sehen, wo er seine Herde weidet und sie lagern lässt. Sie bekommt die Aufgabe herauszugehen, nach draußen zu gehen, und den Spuren zu folgen. Es bedeutet, dass sie an einem Ort war, den sie verlassen musste, wo sie nicht hingehörte. Es gibt eine Ditzanz zwischen ihr und dem Bräutigam. Um zu ihm zu kommen, muss sie zuerst die Gegend verlassen, in der sie sich aufhält. Sie bewegte sich in einer anderen Welt als derjenigen, wo er seine Herde weidete. Indem sie weggeht, kann sie den anderen folgen, die zu ihm gehören.

Das Gleiche trifft auf uns zu. Wenn wir geistlich gesehen an einem Ort sind, wo wir nicht hingehören, wo uns der Herr Jesus fehlt, wo Er nicht sein kann, dann dürfen wir Ihn fragen, wo Er ist. Dann wird Er uns auffordern, diese Gegend zu verlassen. Dies kann sich auf die Bequemlichkeit beziehen, mit der wir uns umgeben haben. Es kann auch bedeuten, dass wir menschliche Traditionen loslassen müssen, weil sie unser Glaubensleben ersticken. Es bedeutet auch, dass wir eine christliche Gemeinschaft verlassen müssen, aus der ein menschliches System geworden ist, wo Gottes Wort nicht entscheidend ist, sondern wo stattdessen zählt, was die Leute für richtig halten (Heb 13,13).

Dann sagt Er, dass wir den Spuren der Schafe folgen sollen. Mit „den Schafen“ meint er die Gläubigen (Joh 10,27; Joh 21,17). Die Schafe, um die es geht, sind Schafe, die in der Wahrheit über die Gemeinde stehen, und danach leben. Viele Gläubige heute sind Schafe, aber sie haben kein „Herdenbewusstsein“. Sie haben keine Ahnung davon, dass sie zu der einen Herde des einen Hirten gehören. Das zeigt sich darin, dass ihnen die Gemeinde Christi nicht bekannt ist, zu der alle Gläubigen gehören. Sie glauben, dass sie ein Mitglied dieser oder jener Gemeinde oder Gruppe sein sollten und sie haben keinen Blick dafür, dass es für Gott nur „eine Herde“ gibt, zu der alle wahren Gläubigen gehören mit „einem Hirten“, dem Herrn Jesus (Joh 10,16).

Die Braut kann den Schafen des Bräutigams folgen, indem sie den „Spuren“ folgt, die sie hinterlassen haben. Die ,Spuren‘ sind die Fußstapfen derer, die vorausgegangen sind. „Spuren“ sprechen auch von Bewegung und Fortschritt. Jeder, der danach Ausschau hält, sollte dem gleichen Pfad folgen und danach handeln. Es geht also nicht darum, einen neuen Weg zu betreten, sondern darum, alten Spuren und Pfaden zu folgen (Jer 6,16), die schon lange da sind. Sie sind von Anfang an da gewesen (1Joh 1,1). Wir können an die Wahrheit der Gemeinde und ihr Zusammenkommen denken und uns „an die von den Aposteln unseres Herrn Jesus zuvor gesprochenen Worte“ erinnern (Jud 1,17; vgl. 2Pet 3,2).

Es geht um die „zuvor gesprochenen Worte“. Dies bezieht sich auf die Worte der Heiligen Schrift. Wir haben alles, was wir brauchen, in der Bibel. Es besteht keine Notwendigkeit, neue Dinge zu erfinden. Wenn wir Fragen über das Zusammenkommen zu dem Herrn haben, geht es nicht darum, dass wir etwas Neues erfinden müssten. Das bedeutet nicht, dass wir das Zusammenkommen nicht auch auf andere Weise erfahren können. Es ist gut, darüber nachzudenken, wie wir enthusiastischer für den Herrn sein und dies ausdrücken können. Wer sich danach sehnt, mit dem Herrn Jesus zusammen zu sein, wird sicherstellen, dass es nicht zu einer Routine wird, wenn wir uns um Ihn herum versammeln, sondern Ihm immer wieder aus tiefstem Herzen die Ehre geben.

Manchmal ist es vorherzusehen, wie eine Versammlung, ein Gebet oder eine Predigt verlaufen wird. Dann ist die Frage berechtigt, ob der Geist tatsächlich wirken und dafür sorgen kann, dass die Herzen für Christus brennen. Wenn diese vorhersagbaren Situationen oft auftreten, wäre es gut, zusammen zum Herrn zu beten, damit Er zeigen kann, was wir verändern müssen, um seine Gegenwart tatsächlich wieder zu erfahren. Schließlich wollen wir doch mit Ihm zusammen sein, oder?

Wirklich bei Ihm zu sein bedeutet, davon erfüllt zu sein, wer Er ist. Wenn jemand etwas aus dem Wort Gottes vorliest, wird uns bewusst sein, dass Gott redet. Wir antworten darauf entweder hörbar oder in unseren Herzen: „Gott spricht zu mir!“ Wir werden offen dafür sein, was Er uns sagen möchte. Das Wort wird lebendig und wirksam für uns sein und in uns arbeiten. Auf diese Weise gibt es eine lebendige Beziehung mit dem Herrn.

Wir reagieren alle unterschiedlich auf das Wort. Ältere Leute tun dies anders als jüngere Leute. Jeder tut es auf seine Weise. Es gibt keine bestimmte Sprache oder einen Jargon, die man erst kennen muss, um dem Herrn zu danken oder Ihn um etwas zu bitten. Jeder Gläubige kann mit dem Herrn auf die gleiche Weise reden, wie er mit anderen redet. Die Intonation kann auch die gleiche bleiben. Wir müssen nicht plötzlich unsere Stimme verändern, wenn wir etwas aus dem Wort Gottes vorlesen oder laut beten.

Jeder Gläubige, ob alt oder jung, kann mit dem Herrn er selbst sein. Wir sind alle einzigartig vor Ihm und voreinander. Jedes Kind, das der Herr uns in unseren Familien gegeben hat, und jedes Glied der Gemeinde hat seine eigene Entwicklung und muss Raum dafür bekommen. Es geht um einen neuen Enthusiasmus im Leben mit dem Herrn. Dieses Leben entwickelt sich in den Spuren, die schon seit langer Zeit da sind. Die Spuren sind fest, weil das Wort Gottes fest ist.

Dann gibt der Bräutigam der Braut eine Aufgabe: Sie muss ihre Zicklein „bei den Wohnungen der Hirten“ weiden. Sie wird selbst als Schaf dargestellt, das der Bräutigam auf den Weg der anderen Schafe leitet, auf einem Weg, der zu ihm führt. Hier sagt er ihr, dass sie ihre Arbeit als Ziegenhirtin in der Nähe der Wohnungen der Hirten tun soll.

Wir können diese Wohnungen auf die Ortsgemeinden anwenden. Dort gibt es die Hirten des Herrn Jesus, die ihre Arbeit als seine Unterhirten tun (1Pet 5,1-4). Alle diejenigen, die nach einer neuen Erfahrung in der Beziehung mit dem Herrn Jesus Ausschau halten, können von diesen Hirten lernen, wie sie diese Arbeit in der örtlichen Gemeinde tun sollen. Es geht darum, wie wir miteinander umgehen, dass wir einander akzeptieren und voneinander lernen. Die Wohnungen der Hirten sind Orte, wo wir angespornt werden in unserer Beziehung mit dem Herrn Jesus, um sie weiterzuentwickeln oder auch neu zu beleben.

Eine Stute an des Pharaos Prachtwagen

Der Bräutigam nennt die Braut hier das erste Mal „meine Freundin“. Das bezieht sich auf die vertraute Beziehung zwischen ihnen. Mit einem Freund oder Freundin teilst du vertrauliche Dinge, die du nicht mit jedem teilst. Dies ist nur möglich, wenn es eine Atmosphäre des vollständigen Vertrauens und der Sicherheit gibt. Der Herr Jesus nennt seine Jünger auch seine Freunde und erinnert sie an seinen Schutz (Lk 12,4). Anderswo erwähnt Er eine weitere Bedingung, die notwendig ist, damit Er jemanden „Freund“ nennen und sich vertraut mit ihm unterhalten kann, nämlich dass der Jünger tut, was er gebietet (Joh 15,14).

Dann vergleicht der Bräutigam seine Braut mit einer Stute. Wenn wir das zum ersten Mal hören, klingt es für uns Abendländer nicht besonders schmeichelhaft in einer Liebesbeziehung. Wir hören nicht oft, dass ein Mann von seiner Ehefrau sagt, dass sie wie eine Stute aussieht. Das sagt der Bräutigam hier. Sie ist eine von mehreren Stuten, die gemeinsam die Aufgabe haben, Pharaos Prachtwagen zu ziehen. Also kommen die Stuten aus Ägypten (vgl. 1Kön 10,28; 2Chr 1,16; 2Chr 9,28). Es müssen schöne und gut ausgebildete Stuten gewesen sein, richtige Paradestücke. Sie wurden eingesetzt, um die schönen Prachtwagen des Pharao zu ziehen und seine Majestät zu zeigen, ganz gleich, wo sie hinkamen.

Als Gläubige sollten wir alle solche „Prachtexemplare“ für unseren Herrn Jesus sein und Ihn in den „Prachtwagen“ unseres Lebens tragen. Wir sollten Ihn in unserem Leben zeigen, dass seine Majestät darin sichtbar wird und alles Licht unseres Lebens auf Ihn fällt. Er sagt hier, dass wir dies für Ihn sind. Das bedeutet, dass Er sich selbst durch uns verherrlichen kann. Wir wissen selbst, dass wir dies mit unserem Leben oft nur sehr schwach tun. Aber Er sieht in uns den Wunsch, Ihn zu verherrlichen. Wir möchten gern den Menschen um uns herum zeigen, was Er für uns bedeutet, was Er für uns durch sein Werk am Kreuz geworden ist. Er befreite uns von der Macht der Sünde und erkaufte uns für sich selbst. Jetzt gehören wir völlig Ihm.

Wir können uns vorstellen, dass es wichtig ist, wenn mehrere Stuten einen Prachtwagen ziehen, dass alle diese Stuten gleichmäßig und mit der gleichen Geschwindigkeit galoppieren. Es zeigt, dass wir den Herrn Jesus nicht nur als Einzelpersonen, sondern auch gemeinsam loben können. Ein gemeinsames Zeugnis hat große Kraft in der Welt. Wenn jeder persönlich erfüllt ist von der Heiligkeit des Herrn Jesus, dann werden Streitigkeiten nicht die Chance bekommen, dieses wertvolle Zeugnis zu beschädigen.

Die Stute gehorcht den Zügeln ihres Herrn und gibt ihre Kraft in seinen Dienst. So möchte der Heilige Geist sozusagen die Zügel unseres persönlichen und gemeinschaftlichen Lebens halten. Dann wird der Herr Jesus im Leben derjenigen, die Ihn lieben, sehen, dass sie Ihm völlig zur Verfügung stehen, um Ihn dort hinzunehmen, wohin Er gehen möchte. So sind wir brauchbar für den Meister. Es geht darum, dass wir unsere Kraft in Abhängigkeit von der Leitung durch den Heiligen Geist auf dem Pfad, den Er uns zeigt, in seinen Dienst stellen.

Das Ergebnis ist ein Wandel in Frieden und Einigkeit mit anderen, genauso wie die Stuten alle Schritt hielten. Dies wird ein beeindruckender Anblick sein, genauso wie der Prachtwagen des Pharaos ein schönes Schauspiel war – ein Schauspiel, das seine Größe widerspiegelte.

Die Wangen und der Hals der Braut

Nachdem der Bräutigam die Statur der Braut mit einer Stute des Pharao verglichen hat, spricht er über die Wangen und den Hals der Braut. Im Verlauf des Buches hören wir ihn über verschiedene Teile ihres Körpers sprechen. Die Braut wiederum spricht mehrmals über verschiedene Körperteile des Bräutigams. Liebe sieht nicht nur die Figur, sondern auch die Einzelheiten. Jedes Körperteil hat seinen Reiz. Dieser Reiz besteht darin, jedes Körperteil mit Juwelen und anderen Dingen zu vergleichen, die auf eine besondere Weise den Wert oder die Bedeutung dieses Körperteils zum Strahlen bringen.

Das erste Körperteil, das der Bräutigam erwähnt, sind die Wangen. Wangen haben mit Verleumdung und Verspottung zu tun, denn man soll sie hinhalten, ohne sich zu verteidigen (Jes 50,6; Mt 5,39). Der Bräutigam sieht, dass ihre Brüder die Braut verleumdet haben. Die Verleumdung nimmt ihr nicht den Glanz, sondern macht sie nur noch charmanter für ihn. Das Gleiche gilt für Verleumdungen, die die Gläubigen für den Herrn Jesus erlitten haben. Diese Verleumdung ist anmutig für Ihn.

Die Verleumdung, die die Braut erfahren hat, betrachtet der Bräutigam so, als wäre sie von anmutigen „Kettchen“ umgeben. Er legt sozusagen einen Rahmen um ihre Verleumdung herum. Damit ermutigt er sie. Auf die gleiche Weise ermutigt der Apostel Petrus die Gläubigen, die um des Namens Christi willen mit Schande bedeckt werden. Er umgibt die Vorwürfe, die sie erhalten haben, mit dem Leuchtglanz der Herrlichkeit: „Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, glückselig [seid ihr]! Denn der Geist der Herrlichkeit und der Geist Gottes ruht auf euch“ (1Pet 4,14). Durch den Vorwurf leuchtet der Geist der Herrlichkeit.

„Für den Namen Christi“ zu leiden, betont die Verbindung mit Ihm. Für seinen Namen geschmäht zu werden, ist eine direkte Konsequenz davon, wenn wir in Wort und Tat offen über Ihn sind. Die Welt sieht in dem Gläubigen einen Vertreter Christi, der selbst, als er auf der Erde war, der große Repräsentant Gottes war. Deswegen erlebte Er folgendes: „Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen“ (Ps 69,10b). Es war keine Schande für Ihn, und es ist auch keine Schande für uns, wenn wir um seines Namens willen beschimpft werden. Petrus sagt sogar, dass wir „glückselig“ sind, wenn uns so etwas passiert.

Wir können die Kettchen auch noch mit dem Gebet vergleichen. Manchmal sprechen wir von einer „Gebetskette“. Damit meinen wir eine Gruppe von Gläubigen, die sich darauf verständigen, fortwährend für eine bestimmte Sache zu beten, wobei sich jeder für eine bestimmte Zeit dazu verpflichtet, und danach betet jemand anderes eine bestimmte Zeit lang weiter. Wir merken besonders in Zeiten des Widerstands und der Bedrängnis, dass eine Gebetskette nötig ist. Beleidigung oder Bedrängnis, die uns in anhaltendes Gebet treibt, hat einen besonderen Wert für den Herrn Jesus. Unser Leben sollte eine Gebetskette sein. Wir können Widerstand nur aushalten, wenn wir beständig beten (vgl. Ps 109,4).

Der Hals oder Nacken spricht von Unnachgiebigkeit, Hartnäckigkeit. Darunter verstehen wir, dass der Sünder sich weigert, sich vor Gott zu beugen und ihn als Gott anzuerkennen. Das äußert sich dadurch, dass er Gott und dem Nächsten nicht dienen möchte. Als die Stadtmauer um Jerusalem wieder aufgebaut wurde, lesen wir von den Vornehmen von Tekoa, wie es buchstäblich auf Hebräisch gesagt wird: „Sie beugten ihren Nacken nicht unter den Dienst ihres Herrn“ (Neh 3,5). Sie wollten nicht dienen. Aber der Hals der Braut hat sich vor dem Bräutigam gebeugt. Sie möchte für ihn da sein. Deswegen ist ihr Hals jetzt anmutig. Ihr Hals stellt nicht mehr die Hartnäckigkeit zur Schau, sondern sie ist ein schöner und wertvoller Teil ihres Körpers.

Die „Schnüre“ oder die Perlen um ihren Hals können wir damit verbinden, was Salomo seinem Sohn sagt (Spr 1,8; 9). Er spricht von der „Unterweisung deines Vaters“ und der „Belehrung deiner Mutter“, die wie ein Geschmeide um den Hals sind, wenn sie beachtet werden. Für uns, die wir durch den Glauben an den Herrn Jesus Söhne Gottes geworden sind, bedeutet es, dass wir uns schmücken, wenn wir auf seine Ermahnung hören und bereit sind zu lernen. Damit zeigen wir, dass wir nicht mehr uns selbst leben wollen, sondern dass wir unseren Hals unter das, was Gott zu sagen hat, gebeugt haben.

Der Herr Jesus schätzt es, wenn wir Ihm nicht nur sagen, dass wir Ihn lieben, sondern wenn wir es auch praktisch zeigen, indem wir auf seine Unterweisung und seine Lehre hören. Wenn wir sehen, wie jemand in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes lebt, dann respektieren und schätzen wir es. Ein Leben in Abhängigkeit von dem Geliebten ist ein Schmuck, dessen Wert nur der Herr Jesus selbst völlig kennt. Es ist ein Leben, das seinem Leben ähnlicher wird. Er hörte immer zu. Jeden Morgen öffnete Er seinem Gott sein Ohr und empfing göttliche Unterweisung (Jes 50,4). Sein Leben war vollkommen frei von Eigenwillen und deshalb war es eine schöne Schnur für seinen Vater.

Schmuck für die Braut

Hier hören wir, wie der Bräutigam seiner Braut etwas verspricht. Er zeigt ihr, wie wertvoll sie für ihn ist. In seiner Beschreibung stellt er Vergleiche mit Wertgegenständen an. Sie ist bereits schön, aber jetzt fügt er noch etwas zu dem hinzu, was er an ihr findet. Den Schmuck oder die goldenen Kettchen hat er selber hergestellt. Hierin sehen wir sein Engagement für seine Braut.

Allerdings sagt er nicht im Singular „ich will … machen“, sondern im Plural „wir wollen … machen“. Hier erkennen wir in der Sprache des Bräutigams die Sprache des Herrn Jesus. Wir hören von seiner Absicht, seine Braut sogar noch schöner zu machen. Wenn der Herr Jesus redet, hören wir immer den dreieinigen Gott reden (vgl. Joh 3,11). Das ,Wir‘ kann man als einen göttlichen Plural verstehen: Vater, Sohn und Heiliger Geist sind am Werk. Sie sind damit beschäftigt, der Braut „goldene Kettchen“ anzulegen. Gold spricht von göttlicher Herrlichkeit. Sie sind auch damit beschäftigt, der Braut „Punkte aus Silber“ anzulegen. Silber spricht von Rettung und Erlösung und von dem Preis, der dafür bezahlt wurde.

Eine Kette ist eine Anzahl von einzelnen Gliedern, die zusammen eine Kette ergeben. Der Heilige Geist legt uns eine wunderschöne goldene Kette an, wenn Er uns durch Paulus sagt: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind. Denn welche er zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht” (Röm 8,28-30).

Erkennen wir die Kette?
Glied 1: Wir sind nach seinem Vorsatz berufen.
Glied 2: Wir sind zuvor erkannt.
Glied 3: Wir sind zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein.
Glied 4: Wir sind berufen.
Glied 5: Wir sind gerechtfertigt.
Glied 6: Wir sind verherrlicht.

Ist das nicht eine schöne Kette? Es ist eine Reihe von Segnungen, die wie eine Kette aufgefädelt ist und die Gott uns gibt. Wir können diesen Schmuck in unserem Herzen tragen und darüber in unserem Herzen nachdenken, sodass wir dieses Geschenk immer mehr wertschätzen und rühmen. Was Er uns gibt, ist immer etwas von Ihm selbst, von seiner Herrlichkeit. Er bekleidet uns mit dieser Herrlichkeit und wir widerspiegeln seine Herrlichkeit.

Wir sehen auch die Punkte aus Silber. Wir werden niemals vergessen, dass alles, was Gott uns gegeben hat, diese ganze Kette von Herrlichkeiten, auf der Erlösung durch das Blut Christi, seines Sohnes, beruht. Alles ist mit dem Erlösungswerk Christi am Kreuz verbunden. Welche Herrlichkeit uns auch immer gegeben ist, die wir bestaunen, wir werden immer sehen, dass diese Herrlichkeit auch daher kommt, was Christus für uns getan hat. Wir haben nichts getan, aber wir verdanken alles Ihm.

Die Narde der Braut

Hier spricht wieder die Braut. Sie antwortet darauf, was ihr Geliebter in den Versen zuvor gesagt hat. Sie ist an der Tafel des Königs zur Ruhe gekommen. Es ist nicht nur irgendein Tisch, sondern eine Festtafel, die reich gedeckt ist mit den köstlichsten Konditorwaren und Fleischgerichten (1Kön 5,2; 3). Aber die ganz besondere Sache an dieser Tafel ist, dass der König selbst dort sitzt. Alle Delikatessen auf der Tafel des Königs hätten keine Bedeutung, wenn er nicht an der Tafel säße.

Diese Szene weißt uns auf den Herrn Jesus und die Gemeinschaft mit Ihm hin. Ein Tisch spricht von Gemeinschaft. Hier geht es nicht so sehr darum, was auf der Tafel ist, sondern um die Tatsache, dass es „seine Tafel“ ist. Es ist auch nicht primär eine Anwendung auf den Tisch des Herrn, wo sein Mahl gefeiert wird. Das geschieht, wenn wir als Gemeinde zusammenkommen. Aber hier in diesem Bild geht es darum, die regelmäßige Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus zu erleben. Dass es sich dabei um eine kontinuierliche Gemeinschaft handelt, wird durch die „runde Tafel“, wie es buchstäblich heißt, ausgedrückt. Etwas, das rund ist, hat keinen Anfang und kein Ende. Die Gemeinschaft, die wir mit dem Herrn Jesus erfahren können, ist von Natur aus ewig, denn er ist ewig.

Als die Braut an die Tafel des Königs kommt, hat sie ihre eigene Narde, „meine Narde“, bei sich. „Während“ sie zusammen mit dem König an seiner Tafel sitzt, erfüllt der Duft ihrer Narde den Speisesaal. Wir denken automatisch an Maria aus Bethanien, von der wir lesen: „Da nahm Maria ein Pfund Salböl von echter, sehr kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete seine Füße mit ihren Haaren. Das Haus aber wurde von dem Geruch des Salböls erfüllt“ (Joh 12,3).

Den Duft der Narde zu verbreiten, ist ein Bild der Anbetung. Das können wir verstehen. Ist es für uns nicht ein beispielloses Vorrecht, die wir früher an nichts Anteil hatten und in die Hölle gekommen wären, dass der Allerhöchste uns jetzt gestattet, „an der Tafel“ mit Ihm zu sitzen? Er hat uns aus unserem Elend herausgeführt und uns diesen hohen Platz der Gemeinschaft mit Ihm gegeben. Wir sollten immer daran denken. Nicht von ungefähr verbindet der Herr Jesus die Salbung durch Maria mit der Verkündigung des Evangeliums (Mt 26,13). Es zeigt, dass jeder, der von seinen Sünden gerettet ist, zu einem Anbeter Gottes und des Herrn Jesus wird.

Wenn wir dies auf die Zusammenkunft als Gemeinde am Tisch des Herrn anwenden, dann ermutigt uns das, was die Braut und Maria getan haben, uns auf die Begegnung mit Ihm vorzubereiten (vgl. 5Mo 16,16; 17). Maria hatte für ihre Narde gespart. Der Preis für dieses Salböl war 300 Denare. Umgerechnet handelt es sich dabei ungefähr um das Jahresgehalt eines Angestellten – ein Denar ist ein Tageslohn (Mt 20,2). Maria war lange damit beschäftigt, die Salbung, die von ihrem Erlöser so viel Wertschätzung empfing, vorzubereiten.

Ein Bündel Myrrhe

Die Braut verbreitet den Duft der Narde in der Gegenwart des Königs (Hld 1,12), denn er ist ihr „Geliebter“. Er ist ihr Ein und Alles. Dieser kurze Hld 1,13 enthält dreimal die Worte „mir“ oder „mein“ und das macht ihre Aussage sehr persönlich. Sie beschreibt, was er für sie ist. Vor allem ist er „ein Bündel Myrrhe“ für sie. Myrrhe ist ein wohlriechendes Harz und kann einen bitteren, aber auch einen süßen Geschmack haben. Myrrhe gewinnt man von verschiedenen Baumarten, indem man Einschnitte an diesen Bäumen macht. Also wird der Baum verletzt. Bei hohen Temperaturen in der Wüste tropft das weiche Harz aus der Verletzung. Zu biblischen Zeiten war die Myrrhe ein Symbol des Leidens und des Todes.

Was die Braut sagt, können wir auf unsere Verbindung mit dem Herrn Jesus anwenden. Ist uns die Anbetung – wovon die Narde spricht – nicht besonders wichtig, wenn wir an seine Leiden und seinen Tod denken? Er ist unser „Geliebter“, denn Er hat uns zuerst geliebt mit solcher Liebe, dass Er sich selbst für uns in den Tod gab. Er ist der „Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20b). Als er am Kreuz hing, gab man Ihm „Wein, mit Myrrhe vermischt“ (Mk 15,23). Und Nikodemus brachte Ihm nach seinem Tod „eine Mischung von Myrrhe und Aloe“, um seinen Leib zu salben (Joh 19,39).

Die Braut spricht von ihrem Bräutigam als einem „Bündel Myrrhe, das zwischen meinen Brüsten ruht“. Für uns bedeutet das, dass der Herr Jesus durch seine Leiden und seinen Tod einen Platz vertrauter und inniger Nähe in unseren Herzen hat. Brüste werden in der Bibel oft erwähnt. Wie andere Körperteile wird offen über sie gesprochen, ohne irgendeinen Gedanken von sündiger Lust. Die erwähnten Körperteile sind schön. Sie zeigen buchstäblich Gottes „Kreativität“, wobei wir in ihnen auch eine geistliche Bedeutung sehen. Brüste sind in der Bibel ein Bild von geistlicher Reife, von Reife im Glauben, durch die man fähig ist, Babys im Glauben Nahrung weiterzugeben.

Die „Brüste“ (Plural) weisen auch auf ein Gleichgewicht im Glaubensleben hin. Also können wir an den Glauben einerseits und die Liebe andererseits denken. Wir finden diese beiden Merkmale im „Brustharnisch des Glaubens und der Liebe“ (1Thes 5,8). Der Brustharnisch, der aus Glauben und Liebe besteht, schützt die Brust, in der das Herz ist. Paulus betet für die Gläubigen in Ephesus, „dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid“ (Eph 3,17). Christus wohnt in unserem Herzen und in unserem Herzen denken wir in Glauben und Liebe mit großer Dankbarkeit an sein Werk. Wir glauben daran mit unserem ganzen Herzen und setzen unser ganzes Vertrauen darauf. Durch sein Werk für uns sind wir auch von seiner vollkommenen Liebe für uns überzeugt.

Leider kann es manchmal passieren, dass wir allmählich den Glauben und die Liebe für Ihn aus unserem Herzen verlieren, sodass Er nicht mehr diesen vertrauten Platz einnimmt. Das passiert, wenn wir unsere Liebe der Welt und den Dingen der Welt geben. Der Apostel Johannes warnt uns, nicht die Welt zu lieben, denn wenn das passiert, dann hören wir auf, den Vater zu lieben (1Joh 2,15). Die eine Liebe schließt die andere Liebe aus.

In der Masse des Volkes Gottes ist das Gegenteil von dem zu finden, was bei dem Überrest – wovon die Braut ein Bild ist – lebt. Gott sagt von seinem ehebrecherischen Volk: „Damit sie ihre Hurerei von ihrem Angesicht wegtue und ihren Ehebruch zwischen ihren Brüsten weg“ (Hos 2,4b). Bei den Seinen merkt Er, was „zwischen den Brüsten“ ist. Was ist in unseren Herzen: Liebe für den Herrn Jesus oder Liebe für die Welt?

Die Antwort auf diese Frage hängt von unserem Verständnis des Wortes „übernachtet“, wie das Wort „ruht“ auch übersetzt werden kann, ab. Die Welt ist in der Nacht, weil der Herr Jesus – das Licht der Welt – nicht da ist. Die Welt lehnt ihn ab (Joh 1,5-10). Wir sind in der Welt und deshalb in der Nacht, aber die Nacht ist fast vorüber (Röm 13,12a). „Wir sind nicht von der Nacht“ (1Thes 5,5), und wir können „den Herrn Jesus die Nacht zwischen unseren Brüsten verbringen lassen“, das heißt an Ihm als unserem größten Schatz festhalten. Was für eine Freude muss es für Ihn sein, dass Er der wertvollste Besitz für die Seinen ist, die in einer Welt sind, die Ihn hinausgeworfen hat.

Eine Zypertraube

Wieder (Hld 1,13) sagt die Braut: „… ist mir mein Geliebter“. Jetzt fügt sie dem vorigen Vergleich den einer „Zypertraube“ hinzu. In dem vorigen Vergleich, dem eines Bündels Myrrhe, hören wir, was der Bräutigam für ihr Herz, ihr Inneres bedeutet. Niemand konnte das Bündel Myrrhe sehen.

Die jüdischen Mädchen benutzen die Zypertraube, um daraus Blumenkränze zu flechten und sich damit zu schmücken. Durch die Zypertraube zeigt sie den anderen, wer der Bräutigam für sie ist. Die Blumen zeigen, was er äußerlich für sie ist. Sie kommen aus „den Weinbergen von En-Gedi“. Weinberge und Wein stehen für die Freude (Ri 9,13; Ps 104,15a). En-Gedi bedeutet „Ziegenquelle“.

Der Vers zeigt zusammen mit dem vorangegangenen Vers, dass Christus, sowohl innerlich als auch äußerlich, unser „Geliebter“ ist. Wir bewahren Ihn nicht nur in unserem Herzen, sondern wir schmücken uns auch sichtbar mit Ihm. Wir zeigen unserer Umgebung, dass wir glücklich mit Ihm sind. Dies werden die anderen an unserem Verhalten, in allen unseren Handlungen und Worten bemerken. Wenn unser Herz auf Ihn eingestellt ist und Er übernachtet zwischen unseren Brüsten, wie ein Bündel Myrrhe, sollte dies auch in unserem Leben sichtbar sein.

Wir bringen diese Freude in „En-Gedi“ zum Ausdruck. Es ist der Name der Wüste, wohin David geflohen ist und sich vor Saul versteckte (1Sam 24,1; 2). In der Wüste dieser Welt dürfen wir diesen besonderen Ort aufsuchen. Wie schon erwähnt, bedeutet En-Gedi „Ziegenquelle“. Das erinnert uns an das Werk des Herrn Jesus als das Sündopfer. Die Ziege ist schlechthin das Opfertier für das Sündopfer (3Mo 16,5). Dadurch, dass Christus das Sündopfer geworden ist, hat er die Versöhnung bewirkt. Damit geht auch eine mögliche Bedeutung des Wortes „Zyper“ einher. Man geht davon aus, dass dieses Wort von einer Wurzel stammt, die „Versöhnung“, „Lösegeld“ und „Bedeckung“ bedeutet.

Christus ist die Quelle der Sühne, die Quelle des Lebens. Er ist die Quelle, aus der alle Dinge kommen, die unserem Leben in der Wüste dieser Welt Freude bringen. Wenn er dann die Quelle aller Dinge in unserem Leben ist, aus der wir beziehen, was wir brauchen, dann können wir persönlich mit den Worten der Söhne Korahs sagen: „Alle meine Quellen sind in dir!“ (Ps 87,7b). Unsere Umgebung wird dies an unserem Leben wahrnehmen, aber vor allem wird unser „Geliebter“ es sehen.

Du bist schön, meine Freundin

Der Bräutigam reagiert auf die Liebesbekundungen der Braut, indem er ihre Schönheit preist. Indem er zweimal „du bist schön“ sagt, betont er es. Manchmal ist diese Bestätigung nötig. Dies trifft auch auf unsere Beziehung mit dem Herrn zu. Wir können zu jemandem sagen: „Du bist schön für Gott, so wie du bist. Er sieht dich in dem Herrn Jesus, dem Geliebten. In Ihm hat Gott dich angenommen.“

Das erste Mal lobt der Bräutigam die Schönheit der Braut, um sie zu ermutigen. Er nennt sie dann wieder „meine Freundin“ (Hld 1,9). Das zweite Mal sagt er es, weil ihre „Augen“ wie „Tauben“ sind. Er sieht an ihren Augen, die der Spiegel der Seele sind, dass sie nur ihn anschaut. Augen weisen auf geistliche Erkenntnis hin. Sie sieht in ihm alles, was sie braucht.

So sagt der Herr Jesus seinen Jüngern, dass sie von feindlich gesinnten Menschen umgeben sind, und deshalb müssen sie unter anderem „ohne Falsch wie die Tauben“ sein (Mt 10,16). Ohne Falsch bedeutet „einfältig“, „ahnungslos“. Das Auge der Taube hat nur eine Blickrichtung, es kann sich nur auf eine Sache fokussieren und nicht auf verschiedene Dinge gleichzeitig, denn es kann sich nicht bewegen. Es weist auf die Festigkeit und Entschlossenheit des Blickes hin. Das ist auch wichtig für uns. Wenn wir den Herrn Jesus lieben, sollten unsere Augen nicht hin und her wandern, sondern nur auf Ihn schauen.

Die Taube ist ein treuer Vogel. Oft sehen wir zwei Tauben zusammen. Sie bleiben einander immer treu. So sieht der Herr uns, seine Braut. Er sagt uns, dass Er uns als Tauben sieht, die in ihrer Liebe Ihm treu sind und nur auf Ihn schauen werden. Auch wenn wir zugeben müssen, dass unsere Augen so oft auf andere Dinge schauen, kennt Er unser Verlangen, nur Ihn allein zu sehen.

Er weiß, dass wir gerne auf den Ruf „hinschauend auf Jesus“ (Heb 12,2) hören wollen. Das Wort „hinschauend“ bedeutet wörtlich „wegschauen“, und das bedeutet, dass wir von allen anderen Dingen wegschauen und das Auge ausschließlich auf ein Objekt richten. Wenn das bei uns der Fall ist, wenn unser Herz Ihm allein entgegenschlägt, dann sind wir „schön“ für Ihn. Unsere Schönheit für Ihn hängt von der Blickrichtung unserer Augen ab.

Im zweiten Brief an die Korinther spricht Paulus von der „Einfalt gegenüber dem Christus“ (2Kor 11,3). Er befürchtet, dass die Korinther davon abgewichen sind. Kann man nicht von der Gemeinde als Ganzes sagen, dass sich diese Befürchtung bewahrheitet hat? Ihre Gedanken sind nicht auf Christus allein fixiert geblieben. Ihre Liebe für den Herrn Jesus ist abgekühlt. Sie hat ihre Verbindung zu Ihm vergessen und hat sich mit der Welt verbunden. Sie ist keine reine Jungfrau geblieben. Das ist ein großer Schmerz für den Herrn Jesus.

Paulus weist darauf hin, wie das passiert ist. Es kam, weil die Gemeinde Satans Listen nicht durchschaute. Das Gleiche passierte mit Eva. Satan gelang es, Evas Blick von Gott weg zu lenken und darauf zu richten, was er ihr vorschlug. Eva vergaß, was Gott gesagt hatte, und ihre Gedanken wurden durch das, was die Schlange sagte, verdorben. Was hätte sie tun sollen? Einfach nur daran festhalten, was Gott gesagt hatte. Wenn wir feststellen, dass wir Ihn nicht mehr als den einzigen Gegenstand vor unseren Augen haben, weil unser Herz anderen Dingen nachgeht, dann lasst uns das bekennen und zu unserer ersten Liebe für Ihn zurückkehren.

Du bist schön, mein Geliebter

Hier spricht die Braut. Die Braut sagt dem Bräutigam als Antwort darauf, was er im vorigen Vers gesagt hat, dass er „schön“ ist und auch, dass er „holdselig“ ist. Jedes Mal sagen sie einander, was sie füreinander fühlen und bedeuten. Sie sprechen die Sprache der Liebe.

Das Wort „siehe“ ist, wie im vorigen Vers, ein Ausruf der Bewunderung. Sie ist beeindruckt von seiner Statur, sie findet ihn „schön“, reizend. Wenn sie ihn sieht, ist sie tief beeindruckt von ihm. Er übersteigt jeden, er ist ihr „Geliebter“. Aber sie findet nicht nur seine Statur entzückend; er ist auch „holdselig“ darin, wie er mit ihr umgeht. In der Art, wie er auf sie zugeht und ihr Aufmerksamkeit schenkt, zeigt er ihr seinen Respekt. Er behandelt sie mit Liebe.

Das bringt sie zu einem „ja“, und zwar in Verbindung mit Ruhe. Sie kommt zur Ruhe mit ihm und er mit ihr. Sie spricht nicht von „meinem“ oder „deinem“ Lager, sondern von „unserem Lager“. Der Ort, an dem sich ihr Lager befindet, ist „frisches Grün“. Die Braut sieht sich selbst mit dem Bräutigam in der Freiheit eines grünen Feldes. „Grün“ spricht von Frische, von Leben und von Frieden (grün ist die Farbe, die den Augen Frieden gibt). „Frisches Grün“ spricht von Intimität und Abgeschiedenheit, mit dem Geliebten allein zu sein, ohne dass andere sie sehen.

Wir können das auf unsere Liebesbeziehung als Gläubige mit dem Herrn Jesus anwenden. Als wir Ihn noch nicht kannten, da hatte Er für uns „keine Gestalt und keine Pracht; und als wir ihn sahen, da hatte er kein Aussehen, dass wir ihn begehrt hätten“ (Jes 53,2b). Aber jetzt sagen wir Ihm gern, dass Er wunderbar ist, dass Er unser Geliebter ist, ja, dass Er holdselig ist. Wir sind beeindruckt von Ihm, wenn wir Ihn anschauen, wenn wir die Schriften lesen und sehen, wer Er ist und was Er getan hat. Und sind wir nicht auch tief davon beeindruckt, wie Er mit uns umgeht?

In dieser Beziehung haben wir Ruhe, weil wir wissen, dass der Herr Jesus auch Ruhe in dieser Beziehung findet. Aber das ist keine leere Stille, sondern eine Ruhe, die frisch ist, wo etwas wächst, in dem sich das Leben entwickelt. Es ist nicht die Ruhe der Selbstgefälligkeit, sondern die Zufriedenheit einer lebendigen Beziehung. Das sehen wir an dem frischen Grün. Wenn etwas grün ist, dann wächst es. So ist es auch mit unserer Liebe für den Herrn Jesus. Es gibt gleichzeitig Ruhe und Wachstum. Wir sind überwältigt, wenn seine unveränderliche Liebe uns prägt.

Das ist besonders der Fall, wenn wir am Sonntag als Gemeinde zusammen sind. Wir wollen Gott und den Herrn Jesus anbeten und Gemeinschaft mit Ihnen haben und uns daran erinnern, was der Herr Jesus für uns getan hat, wenn wir das Mahl des Herrn feiern. Während dieser Zusammenkunft mag es Momente des Schweigens geben. Zu dieser Zeit passiert nichts Hörbares. Es gibt keinen Gesang, keine Lesung, es wird kein Dank ausgedrückt. Das kann zweierlei bedeuten. Es kann sein, dass unsere Herzen voll der Anbetung für den Herrn sind. Dann wird nichts gesagt, aber der Heilige Geist konnte unsere Herzen so sehr auf den Herrn Jesus und sein Werk lenken, dass Er umfassend angebetet wird. Es kann aber auch der Fall sein, dass unsere Herzen leer sind. Dann haben wir nichts in unseren Herzen für den Herrn Jesus. Wir sind nicht im frischen Grün, sondern an einem öden Ort.

Ob wir mit vollem oder leerem Herzen kommen, hat viel mit unserem täglichen Leben während der Woche zu tun. Wenn wir wirklich für den Herrn leben und uns mit Ihm beschäftigen, von Ihm lernen und uns geistlich mit den Dingen nähren, die Er uns von sich selbst in seinem Wort zeigt, dann werden wir mit vollem Herzen kommen. Wir haben auch die Verantwortung, nicht mit leeren Händen – für uns: mit leeren Herzen – zur Versammlung zu kommen (2Mo 23,15; 2Mo 34,20; 5Mo 16,16).

Wir müssen alle etwas haben, nicht nur die Brüder, sondern auch die Schwestern. Wir kommen als Gemeinde zusammen. Die Brüder sind diejenigen, die die Anbetung ausdrücken. Es kann sein, dass ein Bruder persönlich nichts hat, aber dennoch etwas sagt, ein Lied vorschlägt oder etwas aus der Schrift vorliest oder dankt, obwohl er nicht mit dem Herzen dabei ist, aber trotzdem das ausdrückt, was in den Herzen der Schwestern lebendig ist. So kann der Herr geradewegs durch unsere Schwachheiten wirken, und dadurch wird Ihm die Ehre zuteil.

Zedern und Zypressen

Die Braut ist immer noch auf dem freien grünen Feld, das sie im obigen Vers mit „unserem Lager“ vergleicht. Jetzt vergleicht sie die Bäume mit dem Baumaterial für „unser Haus“ und „unser Getäfel“. Auf dem freien grünen Feld sieht sich die Braut von Zedern umgeben. Darin erkennt sie Balken für ihr Haus. Sie sieht die hohen Zypressen als Getäfel, die das Dach bilden. Sie weiß, dass das Zusammensein mit dem Bräutigam für sie den Schutz und die Festigkeit der Zedern hat, die sie umgeben, wobei die Zypressen ein Schutz vor der Hitze der Sonne sind.

Es ist bemerkenswert, dass die meisten Holzarbeiten in Salomos Tempel aus Zedern und Zypressen bestanden (1Kön 5,22; 24). Gott betrachtete diese Hölzer als die am meisten passenden für den Bau seines Hauses auf der Erde. Das erinnert uns daran, dass die Beschreibung des Ortes, wo die Braut ist, hier von Gottes Heiligtum und Gemeinschaft mit Ihm spricht.

Holz wächst aus der Erde. Das Holz spricht von Christus, der wie „ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich“ (Jes 53,2) als unvergänglicher Mensch wuchs. Ausleger weisen darauf hin, dass Zypressen auf den judäischen Friedhöfen üblich waren. Also können sie mit dem Tod in Verbindung gebracht werden und so können wir dies auf den Tod Christi anwenden. Was Er in seinem Leben und Sterben war, ist die Kraft des Hauses Gottes und die Gewissheit der Zukunft. Gott fand Ruhe im Tempel, der aus Holz gemacht war, und das ist auch der Ort, wo der Gläubige Ruhe findet.

Es ist auch bemerkenswert, dass – in der niederländischen Übersetzung – die Braut nicht von „unserem Haus“ spricht, sondern von „unseren Häusern“. Deshalb trifft die Anwendung nicht nur auf Gottes Haus, die Gemeinde, zu, sondern auch auf die Häuser, in denen wir leben. Die Gemeinde ist auf Christus, den Sohn des lebendigen Gottes, gebaut und wurde durch sein Werk am Kreuz ins Leben gerufen. In der Gemeinde gedenken wir des Todes Christi und geben Ihm dafür die Ehre. Aber es ist auch wichtig, dass Christus und sein Werk das Fundament unserer Häuser, unserer Ehen und unserer Familien sind. Er muss dort in der Mitte sein.

Wir können uns fragen, ob wir unsere Häuser mit den gleichen Baumaterialien bauen, die man zum Bau des Hauses Gottes gebrauchte. Alles in unseren Häusern, das mit Christus und seinem Werk in Verbindung steht, stärkt den Bau der Gemeinde als Gottes Haus. Alles was wir ohne Christus in unseren Häusern zulassen, schwächt das Haus Gottes.

Nimmt das Wort Gottes und das Gebet den zentralen Platz in unseren Häusern ein oder sind wir nur damit beschäftigt, unsere Häuser zu komfortablen Wohnorten zu machen? Es ist Gottes Absicht, dass unsere Häuser auch seine Häuser sein sollen, wo Er Gemeinschaft mit uns haben kann durch den Tod seines Sohnes, so wie Er in seinem Haus, der Gemeinde, mit uns Gemeinschaft haben möchte.

Der Prophet Haggai spricht zu Gottes irdischem Volk klare Worte in Bezug auf diese Sache (Hag 1,3; 4). Er sagt uns, dass wir den Blick für den Wert unserer Häuser für Gott verlieren und sie auf eine falsche Weise benutzen, wenn wir Gottes Haus aus dem Blick verlieren. Dann werden „unsere Häuser“ nur zu Häusern für die Menschen, wo Er keinen Platz hat. Es sind keine Häuser mehr, in denen wir Gemeinschaft mit dem Herrn haben. Und das ist es, was die Braut sich wünscht und worin sie uns ein Beispiel ist.

© 2023 Autor G. de Koning

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